Hamburg. Der frühere Cruisergewichts-Boxweltmeister startet am Sonnabend in Braunlage den dritten Comebackversuch im Schwergewicht.

Wäre Marco Huck Diplomat, dann müsste man dauerhaft um den Weltfrieden fürchten. Leise Worte sind seine Sache nie gewesen; er sagt laut, was er denkt, manchmal sogar, bevor er gedacht hat. Aber da Marco Huck kein Diplomat ist, sondern Profiboxer und damit Teil der Unterhaltungsbranche, gehören Gespräche mit dem 35-Jährigen stets in die Kategorie „hoher Spaßfaktor“. Auch vor seinem Comeback, das ihn am Sonnabend (19.30 Uhr/Livestream bei bild.de) im Eisstadion von Braunlage mit dem Greifswalder Dennis Lewandowski (26) zusammenführt, gibt der Berliner interessante Einblicke in seine Gedanken.

Fast drei Jahre ist es her, dass der langjährige Cruisergewichtsweltmeister zuletzt gegen Weltklassegegner im Ring stand. Im September 2017 verlor er vorzeitig gegen den Ukrainer Oleksandr Usyk (33). Es war sein letzter Kampf im Limit bis 90,7 Kilogramm. Zwei Comebackversuche im Schwergewicht folgten, im Juni 2018 ein technischer K.-o.-Sieg über Yakup Saglam, im Mai 2019 in den USA ein Erstrunden-K.-o. gegen Nick Guivas, der ohne Wertung in den Kampfrekord einging, weil Huck nach einem Trennkommando geschlagen hatte.

Nun steht also der dritte Versuch an. Die Frage, ob aller guten Dinge drei sind, wird am Sonnabend kaum zu beantworten sein, dafür ist der Gegner, der seine letzten drei Kämpfe verlor und ebenfalls im Mai 2019 zuletzt boxte, zu limitiert. „Der Kampf dürfte nicht lang dauern“, sagt Ulli Wegner (78), zu Hucks Glanzzeiten im Berliner Sauerland-Team dessen Cheftrainer. Huck weiß, dass ein vorzeitiger Sieg von ihm erwartet wird, doch sein Kampfplan sieht vor, sich Zeit zu lassen. „Selbst wenn ich die Chance auf einen frühen Knock-out habe, werde ich es hinauszögern. Ich brauche Wettkampfpraxis“, sagt er. Auf zehn Runden ist das Duell mit seinem ehemaligen Sparringspartner angesetzt.

Marco Huck: Ich will der Beste sein

Die Erwartungshaltung mache den Kampf indes auch kompliziert. „Bis auf sein höheres Gewicht beim Clinchen hat Dennis keine Vorteile. Aber er hat nichts zu verlieren“, sagt er. Natürlich dürfe man im Schwergewicht niemanden unterschätzen. „Aber ich schaue schon auf die nächsten Kämpfe gegen stärkere Gegner.“ Dass diese kommen werden, daran hat er keine Zweifel. Das Schwergewicht hat nach dem Ende der Klitschko-Ära an Attraktivität gewonnen, weil viele interessante Kämpfe möglich sind, und Huck ist überzeugt davon, zu jenen zu zählen, die oben mitmischen können. Im Januar verhinderte ein mittlerweile ordentlich ausgeheilter Bruch der rechten Schlaghand seinen geplanten EM-Kampf gegen den Briten Joe Joyce. „Ich weiß, dass ich es noch draufhabe, einiges zu erreichen. Den olympischen Gedanken, dass Dabeisein alles ist, gab es für mich nie. Ich will der Beste sein“, sagt er.

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Inwieweit er diesem Anspruch noch gerecht werden kann, bleibt abzuwarten. Seinen besten Kampf im Schwergewicht machte Huck im Februar 2012, als er bei einem Ausflug in die Königsklasse den russischen WBA-Champion Alexander Povetkin bezwang, aber um den Punktsieg betrogen wurde. Seit seiner Trennung vom Sauerland-Stall 2014 steuert Huck, der sich mithilfe seines Bruders Kenan und seines Beraters Karl-Heinz Wolpers selbst vermarktet, sportlich führungslos durch die Ringe der Welt. Mit Ex-Profi Patrick Dobroschi (40) versucht sich aktuell wieder einmal ein neuer Coach an seiner Seite. „Das tut Marco nicht gut. Er braucht klare Führung, um Erfolg zu haben“, sagt Ulli Wegner.

„Seit Herrn Wegner habe ich keinen mehr gefunden, der mich richtig motivieren kann“, gibt Marco Huck offen zu. Sein Ansporn komme aus ihm selbst und läge darin, im Schwergewicht Jäger zu sein und nicht der Gejagte wie viele Jahre im Cruisergewicht. „Diese Rolle hat mir den Spaß am Boxen zurückgebracht“, sagt er. Ob das reicht, um noch einmal der Beste zu werden? Die Antwort auf diese Frage wird es an diesem Wochenende noch nicht geben.