Hamburg. Das deutsche Beachvolleyball-Spitzenduo Julius Thole und Clemens Wickler startet an diesem Wochenende wieder in den Wettkampf.

Demut, sagt Julius Thole, sei wohl der passendste Begriff, um die Emotionen zu beschreiben, mit denen er an diesem Sonnabend dem Wiedereinstieg in den Wettkampfbetrieb entgegensieht. „Ich weiß es durchaus zu schätzen, dass wir wieder Wettkämpfe bestreiten und uns mit anderen messen können. Das ist, wenn man sich die Lage auf der Welt anschaut, nicht selbstverständlich. Corona hat mich demütig gemacht“, sagt der 23-Jährige.

Gut zehneinhalb Monate ist es her, dass der Beachvolleyball-Vizeweltmeister von 2019 letztmals an der Seite seines Partners Clemens Wickler (25) in den Sand ging. Beim World-Tour-Finale in Rom gewann das Überraschungsduo der vergangenen Saison Silber. Es folgten eine Winterpause, Trainingslager und schließlich Anfang März zum Saisoneinstand das Viersterneturnier in Doha (Katar), das Thole an der Seite von Sven Winter (22/Düsseldorf) bestritt, weil sein Stammpartner eine Sprunggelenksblessur auskurieren sollte. Dann kam Corona – und legte auch die Olympiaplanungen des deutschen Topduos auf Eis.

Vorfreude auf das anstehende Wochenende

Umso größer ist die Vorfreude auf das anstehende Wochenende, wenn in Düsseldorf die besten deutschen Männerteams, ergänzt durch einige ausländische Gastspieler, in die comdirect- Beach­tour starten. Der Spielbetrieb läuft zweigeteilt. Die Top-acht-Duos spielen in zwei Vierergruppen mit anschließenden Platzierungsmatches ihre Sieger aus. Parallel gibt es ein Qualifikationsturnier für die deutschen Meisterschaften vom 3. bis 6. September in Timmendorfer Strand, für die die Top acht der deutschen Rangliste gesetzt sind. Zwei weitere Turniere in Düsseldorf (7. bis 9. August) und am Olympiastützpunkt in Hamburg (21. bis 23. August) sind angesetzt, um neun DM-Tickets (inklusive eines Ersatzteams) auszuspielen und den Top-acht-Duos Spielpraxis zu geben.

Thole/Wickler, die in der Vorrunde am Sonnabend (13.05 Uhr) auf Steven van de Velde (Niederlande)/Lukas Pfretzschner (Dachau), Philipp Arne Bergmann/Yannic Harms (Hameln/15.45 Uhr) und Bennet und David Poniewaz (Schüttorf/19.15 Uhr) treffen, gehen zwar mit dem Anspruch ans Netz, jede Partie zu gewinnen. Dennoch sei, sagt der 2,06 Meter lange Blockspezialist vom Eimsbütteler TV, das Ziel für das erste Turnier, in den Wettkampfmodus zurückzufinden. „Wir haben neue Spielzüge erarbeitet, die wir ausprobieren wollen. Es wird sich definitiv bemerkbar machen, dass wir so eine lange Pause hatten“, sagt Julius Thole, „die Körperspannung ist anders, wir werden wieder reinkommen müssen. Aber das geht allen so. Das Niveau wird trotzdem hoch sein.“

„Nirgends in Europa ist die Leistungsdichte so hoch wie bei uns“

Die Phase des Lockdowns, in der Training nur im Garten seines Elternhauses mit seinem beim Hallen-Bundesligisten SVG Lüneburg unter Vertrag stehenden Bruder Konrad (20) möglich war, nutzte Thole, um sein Jurastudium voranzutreiben. Nach dem Wiedereinstieg in einen geregelten Trainingsbetrieb Ende April konzentrierte er sich auf die Verbesserung seiner athletischen Verfassung. „Das sollte sich in einer Erhöhung der Sprungkraft und größerer Stabilität im Sprung bemerkbar machen“, hofft er, „wenngleich wohl noch nicht beim ersten Turnier.“

Um auf internationalem Topniveau trainieren zu können, hatten Thole/Wickler in der vergangenen Woche die Spitzenduos Piotr Kantor/Bartosz Losiak (Polen) und Alexander Brouwer/Robert Meeuwsen (Niederlande) in Hamburg zu Gast. In Düsseldorf zählt das Schweizer Duo Mirco Gerson/Adrian Heidrich zum Top-acht-Feld, dazu kommen die internationalen Gastspieler van de Velde und Julian Hörl (Österreich, mit Sven Winter). Im europäischen Ausland, in Österreich, der Schweiz oder den Niederlanden, aber auch in den USA gibt es zwar ebenfalls wieder nationale Turnierserien. „Aber nirgends in Europa ist die Leistungsdichte so hoch wie bei uns. Das ist ein Vorteil, von dem auch ausländische Gastspieler profitieren können“, sagt Julius Thole.

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Sich wieder mit ausländischen Kontrahenten vergleichen zu können, das ist vor allem deshalb förderlich, weil vom 16. bis 20. September mit der EM im lettischen Jurmala immerhin noch ein internationales Großereignis in diesem Jahr stattfinden soll. Zwar seien viele Trainingsmaßnahmen bereits langfristig auf die auf Juli/August 2021 verschobenen Olympischen Sommerspiele in Tokio ausgelegt. „Aber bei der EM wollen wir performen. Gemeinsam mit der DM ist die EM der klare Höhepunkt unserer Saison“, sagt Julius Thole. Demut mit Blick auf die Chance, sich wieder dem Sportpublikum präsentieren zu können, ist ja in Ordnung. Aber wenn es um Titel geht, dann werden Julius Thole und Clemens Wickler ihre Zurückhaltung aufgeben, ganz sicher.