Kiel/Hamburg. Uwe Seeler trauert um einen engen Freund. Willi Holdorf gewann auf dramatische Art und Weise Gold und machte auch im Bob Karriere.

Trauer um einen herausragenden deutschen Sportler: Leichtathletik-Legende Willi Holdorf ist tot. Nach Abendblatt-Informationen starb der Zehnkampf-Olympiasieger von Tokio 1964 am Sonntag in seinem Zuhause in Achterwehr (Schleswig-Holstein). Seine Ehefrau Sabine Holdorf-Schust bestätigte den Tod am Montag der Deutschen Presse-Agentur. Holdorf litt an Magenkrebs.

Hamburgs Fußball-Idol Uwe Seeler verliert damit einen seiner besten Freunde und Mitglied im Freundeskreis der sogenannten "Schneeforscher", zu dem unter anderem auch Franz Beckenbauer gehört. Wie Uwe Seeler und Max Lorenz war Willi Holdorf lange für Adidas tätig.

„Wenn man mit dem Zehnkampf beginnt, dann schwebte der Name Willi Holdorf über allen, die danach kamen“, sagte Zehnkampf-Weltmeister Niklas Kaul bei "Focus online": „Er war nicht nur sportlich sehr erfolgreich, dahinter steckte auch eine starke Persönlichkeit, die sich auch für andere Sportarten interessiert hat. Mit ihm konnte man über viele Dinge sprechen. Sein Tod macht mich betroffen.“

Als erster Deutscher wurde Holdorf am 19. Oktober 1964 zum „König der Leichtathleten“ gekürt. Das gelang nach ihm nur dem damaligen DDR-Leichtathleten Christian Schenk 1988 in Seoul. Im vergangenen Jahr hat Niklas Kaul (22) die deutsche Zehnkampf-Tradition mit seinem WM-Sieg 2019 in Doha fortgesetzt.

Willi Holdorf gewann auf dramatische Weise Olympia-Gold

Tokio 1964: Willi Holdorf gewinnt bei den XVIII. Olympischen Spielen den 400-m-Lauf der Zehnkämpfer in 48,2 s. Hinter ihm laufen (v.l.n.r.) der Taiwanese Yang Chuan-Kwang (Nr. 628), der Schweizer Werner Duttweiler und Michail Storoschenko aus der UdSSR.
Tokio 1964: Willi Holdorf gewinnt bei den XVIII. Olympischen Spielen den 400-m-Lauf der Zehnkämpfer in 48,2 s. Hinter ihm laufen (v.l.n.r.) der Taiwanese Yang Chuan-Kwang (Nr. 628), der Schweizer Werner Duttweiler und Michail Storoschenko aus der UdSSR. © dpa

Willi Holdorf starb im Alter von 80 Jahren nach schwerer Krankheit. Mit seinem Gold bei Olympia 1964 sind vor allem die Bilder vom abschließenden 1500-Meter-Rennen des Zehnkampfs verbunden: Die letzten Schritte zum Sieg lief er taumelnd in Schlangenlinien. „Mir wurde schwarz vor Augen“, berichtete Holdorf später. Am Ende setzte er sich gegen seinen Widersacher Rein Aun aus der Sowjetunion durch. Holdorf war nach neun Disziplinen mit 18 Sekunden Vorsprung ins Rennen gegangen und kam elf Sekunden nach Aun ins Ziel. Am Ende siegte er mit 7887 Punkten.

Die Goldmedaille hängt seit Jahren im Deutschen Sport- und Olympia-Museum in Köln. Nach seinem Coup wurde Holdorf zum „Sportler des Jahres“ gewählt und 2011 in die „Hall of Fame“ des deutschen Sports aufgenommen. Seine Karriere beendete er bereits mit 24 Jahren, da er Geld verdienen musste, um seine Familie zu ernähren.

Zehnkämpfer als Anschieber und Bremser im Bob

Als Leichtathletik-Trainer führte er den Stabhochspringer Claus Schiprowski 1968 zu Olympia-Silber. Von 1971 bis 1973 war er Bremser im Zweier- und Anschieber im Viererbob - und holte mit Horst Floth 1973 EM-Bronze.

Weniger Erfolg hatte er als Fußball-Trainer bei Fortuna Köln. In der Rückrunde der Saison 1974/75 konnte er in fünfmonatiger Amtszeit nach 14 Spielen den Bundesliga-Abstieg nicht verhindern. Danach konzentrierte er sich auf seinen Job als Vertreter des Sportartikelherstellers Adidas, den er 2016 aufgab. Als Gesellschafter schrieb er an der Erfolgsgeschichte des Handball-Bundesligisten THW Kiel mit und gehörte dem Aufsichtsrat an.