Hamburg. Der Hamburger Tennisprofi will nach langer Verletzungspause bei der nationalen Turnierserie zeigen, dass er im Herrenbereich angekommen ist.

Eine Standortbestimmung? Marvin Möller muss kurz durchpusten. Er ist beileibe nicht als Lautsprecher bekannt; eine Ansage, dass er um den Turniersieg mitspielen wolle, ist von ihm nicht zu erwarten. „Aktuell fällt es mir sehr schwer, überhaupt eine Prognose abzugeben“, sagt das Hamburger Tennistalent dann, „schließlich haben wir alle seit drei Monaten keine Wettkämpfe mehr bestritten. Es ist keine Standort­bestimmung, eher ein Kräftemessen.“

Nun denn: Die nationale Turnier­serie, die am kommenden Montag an vier Standorten mit 32 Herren, aufgeteilt in acht Vierergruppen, und Möller als einzigem Hamburger Teilnehmer startet, ist also ein Kräftemessen. Initiiert hat der Deutsche Tennis-Bund (DTB) dieses Kräftemessen, um vor allem Spielern aus der zweiten, dritten und vierten Reihe Spielpraxis zu verschaffen. Und genau diese hat Marvin Möller dringend nötig, schließlich lag seine Karriere fast eineinhalb Jahre auf Eis. In einer Phase, in der der Übergang vom Jugend- in den Erwachsenenbereich die größte Herausforderung darstellt, musste der 21-Jährige vom Rahlstedter HTC wegen einer hartnäckigen Sehnenverletzung am Gelenk der rechten Schlaghand rund 18 Monate Wettkampfpause einlegen.

Marvin Möller hat die Verletzung gut weggesteckt

Eine Woche nach der Erstrundenpleite in der Qualifikation für das ATP-Turnier am Rothenbaum im Juli 2018 brach die Blessur auf. „Eigentlich sollte ich nur zwei Monate pausieren. Daraus wurden eineinhalb Jahre“, sagt Möller. Handgelenk und Schulter sind im Körper von Tennisprofis neuralgische Punkte, die Heilung von Verletzungen dieser Art dauert oft länger als erhofft. Erst seit Dezember 2019 kann der Absolvent der Eliteschule des Sports am Alten Teichweg (Abiturschnitt 1,8), der als Kaderspieler vom Team Hamburg gefördert wird, wieder unter Vollbelastung trainieren. Drei Turniere konnte er 2020 spielen, dann kam Corona. „Aber ich habe in dieser Phase gemerkt, dass mich die Verletzung nicht mehr belastet. Ich habe sie körperlich und mental verarbeitet“, sagt er.

Das sieht auch Guido Fratzke so, Möllers langjähriger Coach und Vertrauensmann. „Körperlich ist Marvin in einer sehr guten Verfassung, er hat die Verletzung gut weggesteckt. Aber nun braucht er Matchpraxis, um das Vertrauen in die eigene Leistungsfähigkeit zu stärken. Dafür ist diese nationale Turnierserie ein wichtiger Baustein“, sagt er. Möller und Fratzke arbeiten nur noch punktuell zusammen, wenn der 178 Zentimeter große Rechtshänder in Hamburg trainiert. Grundsätzlich ist er, nachdem sein geplanter Wechsel an den Bundesstützpunkt Oberhaching der Verletzung zum Opfer fiel, aktuell dem Stützpunkt Hannover zugeordnet, wo er mit Jan Velthuis trainiert und bei seinem Bruder Robin (24) übernachtet, der dort als Stützpunktcoach arbeitet.

Corona-Pause hat Möller genutzt, um seine athletischen Defizite aufzuarbeiten

Die Corona-Pause hat Möller genutzt, um seine athletischen Defizite aufzuarbeiten. „Außerdem haben wir einige technische Umstellungen gemacht. Ein neuer Trainer sieht ja immer ein paar Dinge, die man anders machen könnte“, sagt er. Sollte in dieser Saison die Rückkehr auf die internationale Tour und damit der Kampf um Weltranglistenpunkte möglich sein, will Möller, der aktuell nicht im Ranking geführt wird, so schnell wie möglich die Top 500 knacken. Seine bislang beste Platzierung war Rang 504.

Zunächst jedoch gilt es, das Kräftemessen in Troisdorf anzugehen. Möller trifft in seiner Vorrundengruppe auf den früheren Daviscupspieler Cedrik-Marcel Stebe (29/Vaihingen), den Münchner Jeremy Jahn (30) und Nico Ehrenschneider. Der 19 Jahre alte Berliner zählt zu den acht Vertretern der „Next Generation“, aus der in jeder Gruppe ein Akteur vertreten ist. Der nur zwei Jahre ältere Möller zählt für den DTB also nicht mehr zur jungen Garde. „Für mich ist das kein Problem. Ich denke, dass ich im Herrenbereich angekommen bin“, sagt er. Die nächste Woche bietet Marvin Möller Gelegenheit, das zu beweisen.