Hamburg. Seit Mitte März ist niemand mehr bei Grün-Weiß Eimsbüttel eingetreten. Ein Datum verbreitet jetzt schon Schrecken bei den Vereinen.

In der vergangenen Woche hat Jürgen Hitsch nach langer Zeit wieder Rückenschmerzen verspürt, einen Stich im unteren Lendenwirbelbereich. „Das ist wohl der Stress“, klagt der Geschäftsführer des Sportvereins Grün-Weiß Eimsbüttel (GWE). Das Fahrrad, mit dem er sonst die 15 Kilometer aus Langenhorn zum Vereinsgelände an der Julius-Vosseler-Straße fährt, bleibt nun vorerst im häuslichen Keller.

Die Corona-Krise hat für den 63-Jährige erste körperliche Konsequenzen. Da ist vor allem die Sorge, die ihn umtreibt, wie es mit seinem Verein weitergehen wird. „Noch kommen wir zurecht. Unsere Mitglieder waren bisher sehr solidarisch, haben viel Verständnis für unsere Situation aufgebracht. Bislang haben wir keine finanziellen Hilfen der Stadt annehmen müssen. Das könnte sich aber noch ändern.“ Den Eimsbüttelern geht es dabei wie den meisten der anderen 820 Hamburger Vereinen. Beim vor zwei Wochen aufgelegten Nothilfefonds des Senats wurden von den bereitgestellten fünf Millionen Euro bisher bloß 300.000 abgerufen. Die Zuschüsse, maximal 25.000 Euro pro Club, müssen nicht zurückgezahlt werden.

Zuletzt habe er Anrufe erhalten, erzählt Hitsch, dass er die staatlichen Hilfen doch perspektivisch annehmen solle, es könnten ja später im Jahr Probleme entstehen, was wahrscheinlich sei. „Ich darf diese Unterstützungen jedoch nur beantragen, wenn wir einen Liquiditätsengpass nachweisen können, und den haben wir im Moment nicht. Ansonsten bekommen wir später Ärger mit dem Finanzamt, das alle Anträge im Nachhinein prüft“, warnt Hitsch.

Seit Mitte März ist niemand mehr bei Grün-Weiß Eimsbüttel eingetreten

Allerdings: Seit Mitte März ist niemand mehr bei Grün-Weiß Eimsbüttel eingetreten – und wohl auch anderswo in Hamburg nicht. Am 30. Juni steht aber der erste reguläre Kündigungstermin in diesem Jahr an. Bei allen Vereinen verbreitet dieses Datum jetzt schon Schrecken, konnten die Clubs in den vergangenen acht Wochen doch keinen Sport, keine Kurse, keine Betreuung mehr anbieten. Studios, Plätze und Hallen waren gesperrt.

Zweimal kam in dieser Zeit die Polizei an der Julius-Vosseler-Straße vorbei, um die Einhaltung zu kontrollieren. Seit Ende der vergangenen Woche darf ein Teil der vereinseigenen Anlagen unter Einhaltung der Abstands- und Hygieneregeln wieder öffnen, die Bezirkssportplätze sind von Dienstag an wieder bespielbar; aber nur montags bis freitags von 17 bis 22 Uhr, vorher haben die Schulen das Nutzungsrecht. An gezieltes Training ist damit auf absehbare Zeit nicht zu denken.

Mehrere eigene Anlagen

Bei GWE treten gewöhnlich um die 250 Mitglieder jedes Halbjahr aus; die ganz normale Fluktuation, die in der Regel dann von mehr Eintretenden ersetzt werden. Diese könnten künftig fehlen, bleiben die gewohnten Angebote der Vereine weiter aus. Als der Gymnasiallehrer 1987 den Job übernahm, zählte der Verein 1300 Mitglieder. Heute sind es 2800, Tendenz seit Jahren steigend – vor Corona. Dazu kommen 400 Reha- und Gesundheitssportler, die der Club betreut, und 200 Kinder und Jugendliche aus der Kooperation Schule/Verein. Beide Gruppen sind keine Mitglieder.

Grün-Weiß Eimsbüttel gehört zu den rund 100 Hamburger Vereinen, die eine oder mehrere eigene Anlagen besitzen und bewirtschaften. GWE ist Eigentümer des 15.000 Quadratmeter großen Sportplatzes Tiefenstaaken gegenüber der Lenz-(Hochhaus-)Siedlung, mit Fußballfeld, Beachvolleyballanlage, Fitnessraum, Kita, Gaststätte und Geschäftsstelle. Zwischen 2011 und 2013 investierte der Club drei Millionen Euro in die Modernisierung des Geländes, unter anderem in einen Kunstrasenplatz. Der Kredit muss noch 25 Jahre abbezahlt werden. Darüber hinaus unterhält der Verein mit seinen 16 Abteilungen eine Halle an der Lutteroth- und drei Tennisplätze an der Hagenbeckstraße.

Paket an Sparmaßnahmen hilft die Verluste aufzufangen

„We are open“ steht im Fenster des Vereinsheims, die Pächter haben es vergessen rauszunehmen. Wann der gastronomische Betrieb wieder aufgenommen werden kann, ist nicht absehbar. Rund 20 Prozent des Vereinsetats von 1,2 Millionen Euro macht der Posten Vermietung, Vermarktung und Verpachtung aus, zum Beispiel des Fußball- und Beachvolleyballplatzes an Unternehmen. Momentan tendieren die Einnahmen aus diesem Bereich gegen null.

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    Ein Paket an Sparmaßnahmen hilft die Verluste aufzufangen. Alle neun Mitarbeiter der Geschäftsstelle sind in Kurzarbeit, Hitsch ist dennoch weiter gut 45 Stunden vor Ort. Die Aufwandsentschädigungen für seine mehr als 100 ehrenamtlichen Mitarbeiter hat der Verein auf 75 Euro im Monat reduziert, bei normalem Betrieb sind es bis zu 200 Euro. Dafür müssen die Betroffenen telefonisch Kontakt zu ihren Gruppen halten. Online hat der Verein sein Sportangebot noch mal ausgebaut, mehr als 40 Videos sind inzwischen abrufbereit. Grün-Weiß Eimsbüttel war einer der ersten Vereine in Deutschland, die digital gingen.

    Tennisspieler haben bereits erste Bälle geschlagen

    Jetzt soll es auch analog wieder losgehen. Die Tennisspieler haben bereits erste Bälle geschlagen, auf allen anderen Plätzen kann am heutigen Montag der Betrieb neu starten. Für Dienstag hat der Senat weitere Lockerungen angekündigt. „Wir sind auf alles vorbereitet, Kreati­vität ist jetzt gefragt“, sagt Hitsch. Am Freitag hatten die Bezirksämter allen Vereinen Handlungsanweisungen für öffentliche Sportplätze gemailt, die auch für vereinseigene gelten. Demnach kann der Kunstrasenplatz von bis zu 24 Personen genutzt werden. „Denkbar ist, dass wir hier Geräte aus unserem Fitnessraum aufbauen“, sagt Hitsch. Sauna und Studio bleiben für die 160 Mitglieder schließlich bis auf Weiteres geschlossen.

    Coronavirus: Verhaltensregeln und Empfehlungen der Gesundheitsbehörde

    • Reduzieren Sie Kontakte auf ein notwendiges Minimum und halten Sie Abstand von mindestens 1,50 Metern zu anderen Personen
    • Achten Sie auf eine korrekte Hust- und Niesetikette (ins Taschentuch oder in die Armbeuge)
    • Waschen Sie sich regelmäßig die Hände gründlich mit Wasser und Seife
    • Vermeiden Sie das Berühren von Augen, Nase und Mund
    • Wenn Sie persönlichen Kontakt zu einer Person hatten, bei der das Coronavirus im Labor nachgewiesen wurde, sollten Sie sich unverzüglich und unabhängig von Symptomen an ihr zuständiges Gesundheitsamt wenden