Hamburg. Bundesligatrainer fürchtet in der Coronakrise das Aus für seinen Sport. Verband schlägt interessante Wettkampfformate vor.

Die triste Gegenwart des gesamten Sports im Griff der Coronakrise lässt Carsten Segert mit großem Unbehagen in die Zukunft schauen. Denn was er dort sieht, ist nicht weniger als das Ende seines Sports in Deutschland. „Ich sehe eine richtig große Gefahr für Rugby“, sagt der Cheftrainer der Bundesligamänner des Hamburger RC. „Diese Krise ist existenzbedrohend, weil die Vereine Mitglieder verlieren, aber ihre Angestellten weiter bezahlen und die Beiträge an die Verbände weiter entrichten müssen. Außerdem leidet das Niveau unseres Sports erheblich, wenn kein Training möglich ist, weil wir auf intensive körperliche Kontakte angewiesen sind. Je länger diese Phase andauert, desto härter wird es, wieder in den Alltag zurückzufinden“, warnt der 53-Jährige.

Fakt ist: Die Saison 2019/20 ist von der Regionalliga abwärts bereits abgebrochen. Die Ersten und Zweiten Ligen, aufgeteilt in Regionalstaffeln, haben den Spielbetrieb zunächst bis 9. Mai ausgesetzt. An jenem Termin diskutiert der Rugby-Bundesliga-Ausschuss (RBA) mit den Vereinen das weitere Vorgehen. An eine Wiederaufnahme des Wettkampfgeschehens vor dem Herbst glaubt allerdings niemand.

Kein gemeinsames Training beim HRC

Aktuell kann Segert mit dem HRC, der bei noch sechs ausstehenden Rückrundenpartien den vorletzten Rang in der Nordoststaffel belegt, kein gemeinsames Training durchführen. Die Anlage im Stadtpark ist gesperrt, die Spieler halten sich individuell fit. „Wir können auch nicht in Kleingruppen trainieren, weil wir uns den Platz mit mehreren Vereinen teilen und deshalb gar nicht die zeitliche Kapazität hätten, das Team aufzuteilen“, sagt er. Weitere Nachteile der Kollisionssportart Rugby sind, dass der Kontakt mit Mit- und Gegenspielern ex­trem intensiv ist. Zudem wird das Spielgerät mit der Hand fortbewegt, was die Verteilung von Viren ebenfalls begünstigt. „Ich wüsste nicht, was uns in der aktuellen Lage außer einem Medikament oder einem Impfstoff gegen das Coronavirus helfen könnte“, sagt Segert.

Der Hamburger Rugby-Verband (HHRV) begreift den ruhenden Spielbetrieb indes auch als Chance für Veränderungen. Der HHRV legte ein Ideenpapier vor, in dem die Saison nicht jetzt abgebrochen oder verkürzt beendet werden müsste. „Die Ideen sind nicht revolutionär, sie denken nur weiter, was ohnehin im Raum steht“, sagt der Verbandsvorsitzende Nils Zurawski vom FC St. Pauli. So könnte die unterbrochene Spielzeit zum Hinrundenstart der Saison 2020/21 von September an mit dem Ausspielen der Rückrunde 2019/20 beendet, ein Meister gekürt, Auf- und Absteiger ermittelt werden.

Erprobung neuer Wettkampfformate

Die Spielzeit 2020/21 fiele aus. Stattdessen soll das Frühjahr kommenden Jahres zur Erprobung neuer Wettkampfformate genutzt werden. „Es ließe sich eine Runde mit Regionalauswahlen spielen, Siebener- oder Zehner-Turnierserien wären denkbar, ein Pokalwettbewerb kann geschaffen werden. Gut vorbereitet und entsprechend präsentiert sollte das halbe Jahr genutzt werden, um beste Werbung für unseren Sport zu machen“, sagt Zurawski.

Darin liege die Chance. Im Rugby gehe es nicht um Geld. „Wir sind Amateure, eine von internationalen Wettbewerben sehr unabhängige Liga. Wir können praktisch probieren, was auch immer wir wollen.“ Dass am Ende ein deutscher Meister – entweder 2020 oder eben 2021 – wegfalle, sei zu verschmerzen. Von 2021/22 könne dann der Spielbetrieb regulär weitergeführt werden.

Kindern und Jugendlichen in den Vereinen etwas bieten

Der HHRV mit seinen 1100 Mitgliedern ist bundesweit für seinen „kritischen Geist“ bekannt. „Die Reaktionen auf das Ideenpapier haben mir gezeigt: Wir finden Gehör“, sagt Zurawski, dessen Kiezclub vor Corona als Spitzenreiter der Zweiten Liga Nord um den Wiederaufstieg tackelte. Als Vereinsvertreter wird er an der digitalen RBA-Sitzung am 9. Mai teilnehmen.

„In Hamburg denken wir den Rugbysport auch immer im Ganzen. Deshalb müssen wir im Sommer unbedingt unseren Kindern und Jugendlichen in den Vereinen etwas bieten“, sagt Zurawski. Sollte während der Sommerferien wegen anhaltender Abstandsmaßnahmen kein Rugby gespielt werden können, „dann bauen wir ein Ersatzprogramm auf, gehen paddeln, machen Leichtathletik. Hauptsache, die Kinder kommen wieder raus.“

Coronavirus: Verhaltensregeln und Empfehlungen der Gesundheitsbehörde

  • Reduzieren Sie Kontakte auf ein notwendiges Minimum und halten Sie Abstand von mindestens 1,50 Metern zu anderen Personen
  • Achten Sie auf eine korrekte Hust- und Niesetikette (ins Taschentuch oder in die Armbeuge)
  • Waschen Sie sich regelmäßig die Hände gründlich mit Wasser und Seife
  • Vermeiden Sie das Berühren von Augen, Nase und Mund
  • Wenn Sie persönlichen Kontakt zu einer Person hatten, bei der das Coronavirus im Labor nachgewiesen wurde, sollten Sie sich unverzüglich und unabhängig von Symptomen an ihr zuständiges Gesundheitsamt wenden