Hamburg/Varel. Die Hamburgerin spricht im Abendblatt über Zwangspause, Training zu Hause und die Turnierpläne für dieses Jahr.

Golferin Esther Henseleit (21) wollte in ihrem zweiten Profijahr auf der US-amerikanischen LPGA-Tour durchstarten und war auf einem guten Weg, sich für die Olympischen Spiele in Tokio zu qualifizieren. Doch Hamburgs Sportlerin des Jahres kann wie alle anderen Athleten ihren Beruf derzeit nicht ausüben. Statt sich auf ein Turnier in Los Angeles vorzubereiten, chippt sie im Garten ihrer Eltern in Varel Bälle in Pappkartons. Im Telefoninterview mit dem Abendblatt erzählt Henseleit, wie sie sich mit der Situation arrangiert hat und warum sie hofft, dass die Saison im Sommer wieder startet.

Hamburger Abendblatt: Frau Henseleit, der Sportbetrieb ruht seit sechs Wochen, keine Turniere, kein Training möglich, weil alle Sportanlagen gesperrt sind. Wie haben Sie diese Zeit verbracht?

Esther Henseleit: Weil auch unser Club Falkenstein gesperrt und Training unmöglich ist, bin ich vor fünf Wochen zu meinen Eltern nach Varel gezogen. Hier habe ich mehr Platz und Freiraum als in Hamburg. Ich mache viel Sport, bin viel an der frischen Luft und laufe viel.

Und Golf?

Henseleit: Na ja, ich kann ein paar Dinge im Garten üben. Ich habe eine Putt-Matte, ich habe ein Netz aufgehängt für die langen Schläge und habe verschiedene Ziele für das kurze Spiel aufgebaut. Ich chippe und pitche tatsächlich in Pappkartons. Das macht nicht so viel Lärm.

Wie ist der Kontakt zu Ihrem Trainer Christian Lanfermann?

Henseleit: Ich kann ihn jederzeit anrufen. Aber richtiges technisches Training ist schwierig. Es ist alles sehr theoretisch. Ein Trainingsschwerpunkt sollte dieses Jahr das Putten sein. Ob sich die Arbeit auf der Matte auszahlt, wird man sehen, wenn es wieder auf richtige Grüns geht.

Das könnte am 4. Mai so weit sein.

Henseleit: Ich bin da sehr zuversichtlich, dass dann auch in Hamburg die Golfplätze wieder geöffnet werden. In anderen Bundesländern ist es ja zum Teil schon passiert.

Teilen Sie die Kritik daran, dass Golfplätze geschlossen sind?

Henseleit: Ehrlich gesagt nicht. Ich finde es richtig, Golf nicht anders zu behandeln als andere Sportarten wie Tennis oder Turnen. Dass sich vor allem manche Amateure ärgern, dass sie nicht spielen dürfen, kann ich zum Teil nachvollziehen, aber ich denke, wir müssen in dieser Situation alle Opfer bringen.

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    Wie haben Sie die Entscheidungen zur Absage der Profiturniere und der Olympischen Spiele aufgenommen?

    Henseleit: Das kam ja nicht aus heiterem Himmel, sondern hat sich langsam aufgebaut. Insofern war ich nicht überrascht. Ich halte diese Absagen für richtig und logisch.

    Wie kann es denn jetzt weitergehen?

    Henseleit: Im Augenblick gibt es Signale von der LPGA-Tour, auf die ich mich dieses Jahr konzentriere, dass es Ende Juni, Anfang Juli wieder losgehen könnte. Diese Turniere sind noch nicht abgesagt. Die Offiziellen sind sehr optimistisch, dass es klappt. Allerdings sind viele internationale Spieler unterwegs, und wir wissen nicht, ob und welche Reisebeschränkungen es dann geben wird; insbesondere in die USA. Es ist nicht möglich, jetzt schon konkret zu planen oder konkrete Ansagen zu machen. Das muss dann spontan sehen, wenn es wieder so weit ist.

    Welche Konsequenzen hat der Stillstand auf Ihre Tourkarte für das kommende Jahr?

    Henseleit: Ich denke direkt keine. Ich muss bis Ende der Saison im Ranking unter den Top 100 stehen. Die Situation ist ja für alle Spielerinnen gleich. Es gibt derzeit keine Turniere. Die Saison soll zudem bis kurz vor Weihnachten verlängert werden.

    Spüren Sie finanzielle Auswirkungen? Sie können ja kein Preisgeld verdienen.

    Henseleit: Das stimmt, aber man hat im Augenblick auch keine Kosten für Reisen und Unterkünfte. Ich komme gut klar. Ich werde auch weiter von meinen Sponsoren, dem Team Hamburg und der Sporthilfe unterstützt, wofür ich sehr dankbar bin. Die LPGA hat zudem ein Hilfsprogramm für Spielerinnen entwickelt. Danach wird Preisgeld jetzt schon ausgezahlt und später bei den Turnieren verdient oder gegen­gerechnet. Das finde ich gut, muss es aber nicht in Anspruch nehmen.

    Gab es mal eine Situation, in der Ihnen in den vergangenen Wochen die Decke auf den Kopf gefallen ist?

    Henseleit: Ja, schon. Vor allem am Anfang war es schwierig, sich an die Situation zu gewöhnen. Statt durch die Welt zu reisen und Turniere zu spielen immer zu Hause zu sein, ist schon anders. Aber nach zwei Wochen hatte ich mich darauf eingestellt. Es gibt jetzt auch Zeit für Dinge, die sonst zu kurz kommen. Ich male gerne, lebe mich künstlerisch aus, wir spielen mit der Familie oft zusammen, Rommé oder Siedler von Catan zum Beispiel. Und ich habe angefangen, Spanisch zu lernen.

    Coronavirus: Verhaltensregeln und Empfehlungen der Gesundheitsbehörde

    • Reduzieren Sie Kontakte auf ein notwendiges Minimum und halten Sie Abstand von mindestens 1,50 Metern zu anderen Personen
    • Achten Sie auf eine korrekte Hust- und Niesetikette (ins Taschentuch oder in die Armbeuge)
    • Waschen Sie sich regelmäßig die Hände gründlich mit Wasser und Seife
    • Vermeiden Sie das Berühren von Augen, Nase und Mund
    • Wenn Sie persönlichen Kontakt zu einer Person hatten, bei der das Coronavirus im Labor nachgewiesen wurde, sollten Sie sich unverzüglich und unabhängig von Symptomen an ihr zuständiges Gesundheitsamt wenden