Hamburg. Der Hamburger ist auf Rennbahnen in der halben Welt geritten. Besonders gerne dachte Bollow jedoch an einen Sieg in Horn zurück.

Auf die täglichen Stallbesuche im Weidenpescher Park musste Hein Bollow wegen der Coronaviruspandemie zuletzt verzichten, doch noch Anfang April war die Leitfigur des Galoppsports bei guter Gesundheit und voller Dankbarkeit für die vielen Zuschriften seiner Fans. Am Montag nun ist Bollow im Alter von 99 Jahren an den Folgen eines Schlaganfalls in einem Kölner Krankenhaus gestorben.

„Ich hatte in meinem Leben so viel Glück“, sagte Bollow 2019 bei galopponline.de. Der frühere Bundespräsident und Galopper-Chef Walter Scheel bezeichnete ihn einst als „Leitfigur unseres Sports“, der amtierende Dachverbands-Präsident Michael Vesper sprach am Montag vom Verlust der „Lichtgestalt“ für den deutschen Galopp.

Hamburger Jockey-Legende verstorben

Bollow ist auf Rennbahnen in der halben Welt geritten. Meist war er dabei erfolgreich. 1033 Rennen gewann er als Jockey, als Trainer gingen von ihm betreute Galopper 1661-mal als Sieger durchs Ziel.

„Ich erinnere mich noch an alle Pferde und alle Rennbahnen. An jedem Preis hängt eine Geschichte“, sagte Bollow einmal. An vier Siege dachte der 13-malige Jockey-Champion besonders gerne zurück: Mit Allasch (1953), Kaliber (1954), Kilometer (1956) und Herero (1962) gewann er in Hamburg-Horn das Deutsche Derby.

Der Sieg 1954 erfolgte exakt 114 Minuten vor Helmut Rahns Siegtreffer zum 3:2-Erfolg der deutschen Fußball-Nationalmannschaft im WM-Finale in Bern gegen Ungarn.

Hein Bollow begann seine Karriere 1936

Bollows Karriere im Sattel begann 1936, seinen ersten Sieg feierte der gebürtige Hamburger zwei Jahre später. Der Zweite Weltkrieg stoppt seine Laufbahn, Bollow kämpfte erst an der West- und dann an der Ostfront. Nach dem Krieg befand er sich noch knapp zwei Jahre in französischer Gefangenschaft. Doch seine Fähigkeiten hatte er nicht eingebüßt. Seinen ersten Ritt nach dem Krieg gewann er gleich. „Dadurch war ich sofort wieder im Geschäft“, so Bollow.

Er stieg danach nicht nur in Deutschland in den Sattel. Frankreich, Australien, USA, Indien - Bollow war überall gefragt. Nur ein Ritt in England blieb ihm versagt. Dafür erinnert er sich besonders gerne an die Schneerennen auf dem zugefrorenen See in St. Moritz.

Jockey-Coach Bollow war gut im Geschäft

Auch als Trainer (1964 bis 1988) war Bollow gleich gut im Geschäft. Wegen ständiger Gewichtsprobleme hatte er die Reitstiefel Ende 1963 an den Nagel gehängt. Der Coach Bollow sattelte mit Marduk (1974) noch einmal einen Derbysieger.

Im Dezember 1988 zog er sich dann auch auf Rücksicht auf seine gesundheitlich angeschlagene Frau Margot, mit der er seit 1943 verheiratet war, aus dem aktiven Sport zurück. Margot Bollow, die 1999 verstorben ist, war auch seine rechte Hand im Trainingsbetrieb. Er könne nicht einmal einen Scheck ausstellen, gab Bollow einmal zu.

Auf den deutschen Rennbahnen war Bollow bis zu seinen letzten Lebenstagen ein ständiger Gast.