Hamburg. Kommerzielle Anbieter und Profis leiden unter Schließung von Anlagen und Turnierausfällen. Vereine könnten durchstarten.

Am Dienstag erhielten das Bundesinnenministerium und die Innenministerien der Länder elektronische Post vom Deutschen Tennis Bund (DTB). Inhalt der E-Mail war ein Positionspapier des größten Tennisverbands der Welt (knapp 1,4 Millionen Mitglieder), in dem in sechs Unterpunkten dargestellt wird, wie eine Öffnung der seit 16. März geschlossenen Anlagen unter Einhaltung aller Abstands- und Hygieneregeln möglich werden könnte. Dirk Hordorff, Vizepräsident Leistungssport im DTB, sagt: „Tennis ist ein Sport, den man unter Einhaltung aller Anforderungen an der frischen Luft ohne Kontakt ausüben kann. Wenn wir das mit Hirn und Bedacht betreiben, sollte Tennis zu den Sportarten zählen, die als erste wieder möglich gemacht werden.“

Tatsächlich fragen sich seit Wochen viele Tennisbegeisterte – in Hamburg spielen knapp 35.000 Menschen in 95 Vereinen organisiert –, warum sie trotz besten Frühlingswetters ihre Schläger in den Taschen lassen müssen, während sich um die Alster Hunderte Jogger im Slalomlauf üben dürfen. Tennis bringt durch das Netz, das die Spieler trennt, per se den notwendigen Abstand mit, im Matchbetrieb sind die Akteure 20 oder gar 30 Meter voneinander entfernt. Eine Ansteckungsgefahr über kontaminierte Bälle, die die Sportler gemeinsam nutzen, schätzen Mediziner als verschwindend gering ein. Die Spielerbänke und Sanitärbereiche können separiert, die Courts umschichtig belegt werden.

Tennisclubs haben wegen Corona keine finanziellen Einbußen

„Eigentlich ist Tennis für diese Lage prädestiniert“, sagt Jan-Christian Engelke. Der HNO-Chirurg kann als Vorstand Leistungstennis im Club an der Alster doppelte Expertise in der Coronakrise geltend machen. Vereine wie Alster (3800 Mitglieder), das auf seiner Anlage am Rothenbaum das ATP-Herrenturnier beherbergt, leiden vor allem darunter, ihren Mitgliedern die gewohnten Leistungen nicht bieten zu können. „Unsere Sandplätze sind in einem perfekten Zustand, wir stehen in den Startlöchern, könnten sofort loslegen“, sagt Engelke.

Anders als im Golf, wo die Vereine einen Teil ihres Etats auf Gastspielern aufbauen, haben die Tennisclubs keine finanziellen Einbußen zu beklagen, weil Vereinsfremde ausbleiben. Tennis spielen in den Clubs nur die Mitglieder, und die zahlen ihre Beiträge weiter. „Wir erstatten Beträge für bereits gebuchte Plätze, die nun nicht genutzt werden können“, sagt Engelke. Da man aber auch die Kosten für die in Kurzarbeit befindlichen fest angestellten Trainer spare, sei die Situation beherrschbar.

Kommerzielle Anbieter leiden

Wesentlich härter leiden kommerzielle Anbieter wie Kai Witthöft. Der Vater von Profispielerin Carina Witthöft (25) betreibt in Jenfeld eine Anlage mit 16 Außen- und acht Hallenplätzen. „Mein Geschäftsmodell fußt auf der Veranstaltung von Turnieren und dem Anbieten von Training und Lehrgängen. All das ist seit Wochen nicht mehr möglich, meine Einkünfte wurden auf null heruntergefahren“, sagt er. Auf staatliche Hilfe in Form von Sofortzahlungen oder Krediten hat er bislang verzichtet, „weil ich hoffe, dass es bald Lockerungen gibt“. Aber selbst wenn er in Kürze wenigstens den Trainingsbetrieb aufnehmen dürfte, „wird es mindestens einen Monat dauern, bis ich in die Einnahmeschiene zurückkomme. Bis März hatte ich 80 Prozent bezahlte Buchungen für das Jahr drin. Dieses Guthaben würde erst einmal abgespielt werden“, sagt er.

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Während die regionalen Anbieter auf baldige Lockerungen im Breitensport hoffen können, ist das Leistungstennis noch für Monate auf Eis gelegt. Die Bundesliga-Freiluftsaisons hat der DTB bereits komplett abgesagt, von der Regionalliga abwärts könnte von Mitte Juni an gespielt werden. Internationale Turniere auf den Profitouren der Herren (ATP) und Damen (WTA) sind bis Mitte Juli ausgesetzt, am kommenden Dienstag soll es neue Gespräche geben. „Die Profis und ihre Teams reisen aus aller Welt zu den Turnieren. Solange es Reisebeschränkungen gibt, wird es nicht möglich sein, den Betrieb wiederaufzunehmen. Ich glaube nicht, dass wir in diesem Jahr noch Turniere spielen“, sagt Hordorff.

Informationen zum Coronavirus:

Die Vereine haben sich damit arrangiert. „Dass Mannschafts- und Medenspiele aktuell nicht möglich sind, verstehen wir“, sagt Wolfgang Kunkel, Vorsitzender im Othmarscher Tennisclub (600 Mitglieder). „Aber unter Berücksichtigung des Gefährdungspotenzials und unter Einhaltung aller gebotenen Regeln würden wir eine Lockerung der Restriktionen in Vereinen begrüßen.“ Eine Maßnahme hat die Stadt bereits verkündet. Sport-Abiturienten dürfen ihre Tennisprüfung in der Verbandshalle in Horn ablegen. Ein erster Aufschlag, dem in den kommenden Wochen die nötigen Gewinnschläge folgen sollten.

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