Berlin. Da die Corona-Krise zur Absage der Präsidentenwahlen in der DESG führte, wird jetzt erst im Herbst über den Spitzenposten entschieden. Vizepräsident Uwe Rietzke leitet als Krisenmanager den Verband kommissarisch. Er hat derzeit viele Baustellen.

Die Hängepartie an der Spitze der Deutschen Eisschnelllauf-Gemeinschaft geht nun bis zum Herbst weiter. Nachdem die Außerordentliche Mitgliederversammlung am 28. März wegen der Sars-CoV-2-Pandemie abgesagt wurde, macht eine kurzfristige Verlegung keinen Sinn.

"Die Wahl des Präsidiums wird, wenn man die Corona-Maßnahmen realistisch betrachtet, sicherlich erst in einer ordentlichen MV erfolgen", erklärte Vizepräsident Uwe Rietzke im Interview der Deutschen Presse-Agentur.

In Erfurt sollte eigentlich ein neuer Präsident gewählt werden, das Amt ist seit dem Rücktritt von Stefanie Teeuwen im November 2019 vakant. Für die Wahlen hatten zwei Kandidaten ihre Bewerbungen abgegeben: Claudia Pechsteins Lebensgefährte Matthias Große und der in der Eisschnelllauf-Szene bislang unbekannte Michael Kurz. Nun wird der 57 Jahre alte Rietzke den Verband als Krisenmanager bis zur im September geplanten Versammlung kommissarisch führen.

Dabei gibt es unabhängig von den Bürden der Corona-Krise einen Berg von Problemen zu bewältigen: Ein Loch in der Verbandskasse von rund 400.000 Euro, der immer noch schwelende Knatsch zwischen Bundestrainer Erik Bouwman und Claudia Pechstein - und schließlich ließen auch die Leistungen der Asse im vergangenen Winter noch keinen Aufbruch zu neuen Ufern erkennen.

Dass sich die brisante Finanzlage bis zum Herbst entspannt, scheint fraglich. "Welche Auswirkungen die Corona-Krise auf die Sportwelt im Ganzen und die DESG im konkreten haben wird, kann derzeit keiner seriös sagen", sagte Rietzke. "Sicherlich sind derzeit die Unternehmen mit der eigenen Existenzsicherung beschäftigt, statt in ein neues Sponsorenengagement einzutreten", sagte er bezüglich der Suche nach neuen Geldgebern.

Abhilfe hatte Große versprochen - aber nur, wenn er zum Präsidenten gewählt wird. "Ich habe von Sponsoren die Zusage über eine größere sechsstellige Summe. Ich will die DESG retten", hatte der Berliner Immobilien-Unternehmer gesagt und seine Zusage in seiner Bewerbung fixiert.

Rietzke sieht das skeptisch: "Ziel sollte es nach meinem Verständnis bei einer Sponsorenbindung stets sein, dass diese langfristig angelegt ist und nicht zwingend an handelnden Personen festgemacht wird", stellte der Dresdner nun klar. Rietzke fürchtet, dass die Geldgeber wieder abspringen, wenn Große den Posten verlieren würde.

Im öffentlich ausgetragenen Dauerkonflikt zwischen Pechstein und dem Niederländer Bouwman hegt der DESG-Vizepräsident "die Hoffnung, dass in moderierten Gesprächen eine zukünftige Arbeitsbasis geschaffen werden kann. Hier kann gegebenenfalls auch die Besinnung auf das Wesentliche durch die Coronakrise bei allen Beteiligten eine Kompromissbereitschaft entwickeln." Seit der Bundestrainer im Sommer reklamiert hatte, "keinen Bock" auf ein Training mit der fünfmaligen Olympiasiegerin zu haben, herrscht Zoff im Eisschnelllauf-Lager.

Weil Bouwman vor der Mehrkampf-WM in Hamar deftig nachlegte und der 48-jährigen Pechstein "eine Maske mit einer boshaften doppelten Agenda" unterstellte, und erklärte, die meisten im Team würden ihre Art einfach "zum Kotzen" finden, eskalierte die Situation. DOSB- Präsident Alfons Hörmann forderte Konsequenzen von der DESG.

"Es ist sicher ein Grundrecht unserer Gesellschaft, die freie Meinungsäußerung. In meinem Verständnis sind hier Grundsätze zu beachten, wie das Vermeiden von Beleidigungen jedweder Art. Hier sollte sich jeder seiner Wirkung bewusst sein", appellierte Rietzke an beide Parteien und würde als Krisenmanager ein Treffen moderieren.

Antworten erwarten fünf Landesverbände vom Präsidium auch auf ihre Forderung, eine Task Force zu gründen, die sich mit neuen Strukturen und besserer Kommunikation im Verband befassen soll. Zuvor sollen endlich auch Anfragen vom Präsidium beantwortet werden, die schon zur Außerordentlichen Versammlung auf dem Tisch lagen und sich in der Mehrheit mit DESG-Finanzgebaren in der Vergangenheit beschäftigen.