Hamburg. Die Weltklasseteams Kozuch/Ludwig und Thole/Wickler müssen sich nach dem Olympia-Aus aber erst einmal neu sortieren.

Rund um das Tennisstadion am Hamburger Rothenbaum baumeln Plakate, die Großes ankündigen: ein Weltklasse-Beachvolleyballturnier, das vom 19. bis 23. August gespielt werden soll. Zu sehen sind auf den Aushängen die beiden Hamburger Topteams, Olympiasiegerin Laura Ludwig mit Margareta Kozuch (beide HSV) und die Vizeweltmeister Julius Thole/Clemens Wickler vom Eimsbütteler Turnverband.

Nun fallen in diesem Sommer bekanntlich nicht nur die Olympischen Spiele in Tokio aus, auch das Sandvergnügen in Harvestehude wurde in dieser Woche – wohl auch wegen fehlender Sponsoren – aus dem Kalender gestrichen. Den Beachvolleyballern droht damit in diesem Jahr nicht nur Kurzarbeit, die gesamte Saison steht auf der Kippe. Bislang sind nur vier Turniere im Juni noch nicht abgesagt worden: Moskau, Rom, Espinho (Portugal) und Gstaad (Schweiz). Dass eines von ihnen stattfinden wird, scheint derzeit mehr als zweifelhaft.

Olympia-Aus: Ludwig verspürt "mentales Loch"

„Wir haben zwei Jahre lang alles auf Tokio 2020 ausgerichtet, alles hinten angestellt, um bei Olympia unser bestes Beachvolleyball zu spielen. Die Absage hinterlässt erst einmal ein großes mentales Loch“, sagen Kozuch (33) und Ludwig (34). In den nächsten Tagen wollen sie mit ihren Familien, Freunden, Trainern, Betreuern und dem Deutschen Volleyballbund (DVV) besprechen, wie es weitergehen soll, wie es weitergehen kann.

Eines steht für beide aber fest: „Wir sind uns einig, dass wir zwei Jahre harte Arbeit nicht einfach in den Müll schmeißen wollen.“ Ein Projekt Tokio 2021 solle jedoch kein „einfaches Lippenbekenntnis“ werden. Um das neue Ziel angehen zu können, müsse Klarheit herrschen über den Termin der Spiele, über den weiteren Qualifikationsmodus.

Die wird es in den nächsten Wochen nicht geben. Bisher steht nicht mal fest, wann wieder geregelt trainiert werden kann. Das Beachcenter am Dulsberger Olympiastützpunkt wurde nach seiner vorübergehenden Öffnung nach der Olympiaabsage am Mittwochnachmittag wieder geschlossen.

Olympia-Verschiebung ein Vorteil für Laura Ludwig?

Ein sofortiges Karriereende schließt die Olympiasiegerin von 2016 und Weltmeisterin von 2017, beides damals mit Kira Walkenhorst, allerdings aus: „Ich liebe Beachvolleyball zu sehr, als dass ich sage, ich mache Schluss und werde nie wieder zurückkommen“, sagt Ludwig. Allerdings müsse die Familienplanung überdacht werden. Sie und ihr Lebenspartner, Frauen-Bundestrainer Imornefe Bowes, wollen Sohn Teo, der Ende Juni zwei Jahre alt wird, „irgendwann noch ein Geschwisterchen schenken“.

Darauf muss Teo jetzt wohl ein bisschen warten. „Der Gedanke, dass nun noch mal anderthalb Jahre harte Arbeit draufkommen, ist aber nicht nur vergnüglich. Ich werde schließlich nicht jünger, und der Körper muss fit gehalten werden“, stöhnt Ludwig. Derzeit bleiben ihr und ihrer Familie längere Spaziergänge, Fahrrad- und Kanutouren, diese auf dem Osterbekkanal in Winterhude. Dass sie jetzt mehr Zeit für ihre Familie, vor allem für Sohn Teo habe, genieße sie. „Das ist großartig.“

Sportlich, räumen Ludwig und Kozuch ein, komme ihnen die Verlegung der Sommerspiele nicht ungelegen: „So haben wir mehr Zeit, weiter an vielen technischen und taktischen Details arbeiten zu können.“ Das Duo spielt erst seit Ende 2018 zusammen. Nach holprigem Start und vielen Selbstzweifeln gewannen sie im vergangenen September das Saisonfinale in Rom und kletterten in der Weltrangliste auf Platz 15, der zur Olympiateilnahme berechtigt hätte.

Sponsoren halten Beachvolleyballern die Treue

Finanzielle Sorgen müssen sich Ludwig/Kozuch und Thole/Wickler momentan nicht machen. Ihre Partner und Sponsoren stehen auch in diesen Zeiten zu ihnen, die Stiftung Deutsche Sporthilfe unterstützt ihre Spitzensportler weiter in bisherigem Leistungsumfang; allein die Preisgelder, ein höherer fünfstelliger Betrag, fehlen. Thole (22/Rechtswissenschaften) und Wickler (24/Wirtschaftswissenschaften) wollen sich in den nächsten Wochen und Monaten wieder verstärkt ihren Studiengängen widmen.

Julius Thole und Clemens Wickler holten bei der Beachvolleyball-WM 2019 in Hamburg sensationell Silber.
Julius Thole und Clemens Wickler holten bei der Beachvolleyball-WM 2019 in Hamburg sensationell Silber. © imago / Beautiful Sports

Weil Wickler nach einer langwierigen Sprunggelenkverletzung erst kürzlich wieder fit und voll belastbar ist, scheint die Olympia-Verschiebung für die Vizeweltmeister kein sportliches Drama zu werden. „Wir haben Richtung Tokio aber seit fünf Monaten Spannung aufgebaut, die fiel plötzlich in einem Schlag von uns ab. Im ersten Moment war da schon eine gewisse Leere“, erzählt Thole.

Die sei jetzt in eine Phase der Entspannung und Besinnung übergegangen. Nächste Woche wollen beide ihre weiteren Planungen mit ihrem Team besprechen. „Es muss jetzt alles neu justiert werden“, sagt Thole.

Olympia-Quali: Thole benennt "gute Lösung"

Wichtigste Frage bleiben die Qualifikationskriterien. Thole/Wickler hatten ihr Ticket für Tokio 2020 quasi gelöst, Kozuch/Ludwig fast. Von Herbst 2018 an bis Mitte Juni 2020 sollten die besten zwölf Turniere über die Olympiateilnahme entscheiden, die sich die ersten 15 der bereinigten Weltrangliste (zwei Teams bei Frauen und Männern pro Nation) erspielen.

„Wenn die grundlegenden Vorgaben beibehalten werden und sich nur der Qualifikationszeitraum verlängert, könnte das eine gute Lösung sein“, sagt Thole, bevor er sich zum Tischtennisspielen mit Bruder Konrad in den elterlichen Garten in Lokstedt verabschiedete.