Hamburg. Auch die Paralympics drohen verlegt zu werden. Edina Müller hätte damit Probleme: „Ich bin auf richtig gutem Niveau.“

„Ich versuche, nicht darüber nachzudenken, sonst wird es mental schwierig“, sagt Edina Müller. „Es“ heißt: voller Einsatz beim Training. „Darüber“ meint: die mögliche Verschiebung der Olympischen und Paralympischen Sommerspiele. Deutschlands beste Parakanutin ist voll im Plan für den Start in Japans Hauptstadt Tokio (25. August bis 6. September). „Ich bin auf richtig gutem Niveau, ich könnte gut starten“, sagt die 36-Jährige. Wenn da nicht dieses große Aber wäre.

Die pünktliche Austragung der Spiele für Athleten mit Behinderung nach den Olympischen Spielen wird mit jedem Tag unwahrscheinlicher. Auch wenn das Internationale Olympische Komitee (IOC) am Sonntag noch vier Wochen Bedenkzeit angekündigt hat. Eine Haltung, die Müller teilt: „Ich denke, man sollte diese vier Wochen noch abwarten. Wir wissen nicht, was dann ist.“

Zahlreiche Gespräche und Konferenzen der Athleten

Der Deutsche Behindertensportverband (DBS) ist jedoch am Montag vorgeprescht und fordert vom Internationalen Paralympischen Komitee (IPC) eine Verlegung der Spiele. „Wir alle brauchen Planungssicherheit, sowohl unsere Athleten*innen als auch wir als Verband“, erklärt DBS-Präsident Friedhelm Julius Beucher: „Durch die ungleichen Trainings- und Gesundheitsbedingungen der Nationen sowie fehlende Dopingkontrollen kann nicht mehr von fairen Wettkämpfen gesprochen werden.“

In den vergangenen Wochen gab es zahlreiche Gespräche und Konferenzen der Athleten untereinander und auch mit den Funktionären. Mareike Miller, Kapitänin der Rollstuhlbasketball-Nationalmannschaft, sieht die Sache so wie der Verband und fordert eine Verschiebung. Sie hat dafür allerdings auch noch ein bislang selten gehörtes Argument: „Wir Leistungssportler haben eine Vorbildfunktion und sollten deshalb Einschränkungen mit Leben erfüllen, die von allen anderen in der Gesellschaft verlangt werden.“

Ausnahmeregelung beantragt

Für die 29-Jährige und ihre Hamburger Mannschaftskolleginnen Anne Patz­wald und Maya Lindholm heißt das: kein Training in der Halle oder am Olympiastützpunkt, keine Privilegien: „Ich habe den HSV darum gebeten, für mich keine Ausnahmeregelung zu beantragen“, sagt Miller, „Sport ist ein Bereich, der grundsätzlich untersagt wurde. Dass es für einige ein Beruf ist, ist kein Argument. Das ist Haareschneiden für Friseure auch.“

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    Die Berufstätigkeit ist dagegen für Edina Müller ein wichtiges Argument für die Spiele in diesem Jahr: „Ich habe die Elternzeit genutzt, um mich vorzubereiten“, sagt die Mutter eines ein Jahr alten Sohnes, „ab November arbeite ich wieder in Vollzeit.“ Eine hundertprozentige Vorbereitung auf Paralympische Spiele ist für die Sporttherapeutin dann ausgeschlossen. „Viele Athleten sind Amateure und haben ihr Leben auf diese Spiele ausgerichtet“, sagt sie.

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