Hamburg. Neue Regel als Kollektivstrafe für Teams zum Schutz der Hamburger Schiedsrichter. Unparteiische fühlen sich bedroht.

In der Nachspielzeit der Kreisliga-5-Partie zwischen TuRa Harksheide II und dem SC Osterbek (4:3) hatte Schiedsrichter Hesam Mirzababaei genug. Er zeigte Osterbeks Said Gawady glatt Rot. Gawady hatte eine Freistoßentscheidung des Unparteiischen moniert, ihn dabei angefasst. „Einer meiner Spieler sagt, er hat versucht, dem Schiedsrichter die Pfeife aus dem Mund zu schlagen. So was geht gar nicht“, sagte TuRa-II-Trainer Tim Kossik. Osterbeks Trainer Kevin Reichmann durfte sich auf Anweisung des Vorstands gegenüber dem Abendblatt zum aktuellen Fall nicht äußern. Dafür äußerte sich Kossik umso ausführlicher: „Einige Osterbeker Spieler, Zuschauer und Verantwortliche haben sich hier 90 Minuten lang unter aller Kanone verhalten. Weil so was zu häufig passiert, finde ich die Maßnahmen des Hamburger Fußball-Verbandes gut.“

Diese Maßnahmen kommunizierte der Verband am vergangenen Donnerstag, stellte der Öffentlichkeit per Pressemitteilung ein Paket zum Schutz der Schiedsrichter mit diversen Punkten (u. a. Ansprechpartner für die Schiedsrichter, Beobachtung auffälliger Vereine) vor. Brisant darin ist folgender Passus: Begeht ein Spieler eine Tätlichkeit und wird dafür länger als sechs Monate gesperrt, werden seinem Team automatisch drei Punkte in der Tabelle abgezogen. Richtete sich die Tätlichkeit gegen einen Schiedsrichter, sind es sechs Punkte. Die Regelung gilt zur neuen Saison.

Attacken gegen Schiedsrichter hatten bundesweit Aufsehen erregt

Einige Attacken gegen Schiedsrichter hatten zuletzt bundesweit Aufsehen erregt. Zwar fanden diese Fälle nicht in Hamburg statt, doch der Verband wollte nun offensichtlich präventiv eingreifen. Zudem beklagen Schiedsrichter wie der erfahrene Benjamin Stello, „dass die Gewalt gegen uns Schiedsrichter auch in Hamburg in den unteren Spielklassen immer wahrnehmbarer wird“. Stellos Empfinden liegt auf einer Linie mit dem vieler Hamburger Schiedsrichter, die die Qualität der Angriffe als zunehmend beschreiben und sich auf dem Feld bedroht fühlen. Doch selbst Stello findet die neue Punktabzugs-Regelung „diskutabel“.

Kritik daran übt Seweryn Malyk, Manager des Hansa-Landesligisten FC Türkiye. „Ich bin total dafür, die Schiedsrichter zu schützen, aber Kollektivstrafen finde ich falsch. Oft helfen die anderen Spieler ja dem Schiedsrichter. Wer eine Tätlichkeit gegen den Schiedsrichter begeht, sollte stattdessen lebenslang gesperrt werden.“ Anders sieht das Sammy Selcuk, Coach des Staffelkonkurrenten Dersimspor. „Alle sind gefragt, ihre gewalttätigen Spieler in den Griff zu kriegen. Die Maßnahme ist richtig und notwendig“, so Selcuk. Und die drohende Kollektivstrafe für ganze Teams? Selcuk: „Von sechs Punkten weniger geht die Welt doch nicht unter. Der Schutz der Schiris ist wichtiger.“