Florenz. Ballmädchen belästigt. Der Italiener Gianluca Moscarella ist vorläufig von der Spielerorganisation ATP suspendiert worden.

Vielleicht hatte Gianluca Moscarella einfach vergessen, dass die Mikrofone jedes Wort aufzeichneten. Selbst beim ATP-Challenger-Turnier in Florenz, einem Turnier der Dritten Tennisliga. Moscarella, einer der internationalen Top-Schiedsrichter, wirkte jedenfalls ziemlich sicher, dass ihn niemand hören konnte, als er vergangene Woche während des Matchs zwischen dem Portugiesen Pedro Sousa und dem Italiener Enrico Dalla Valle ein Ballmädchen ansprach: „Du bist sehr sexy. Du bist fantastisch.“ Und dann erkundigte sich der Referee noch anzüglich: „Ist dir heiß? Körperlich oder emotional.“

Inzwischen ist der Italiener vorläufig von der Spielerorganisation ATP suspendiert worden. Er hatte schon bei dem Turnier in Florenz nach dem Vorfall keine Matches mehr leiten dürfen, weil es diverse Beschwerden gab, und inzwischen wurde er für alle weiteren Einsätze im Wanderzirkus von der Herrentennis-Gewerkschaft gesperrt und ausgeschlossen. „Eine vollständige Untersuchung wurde eingeleitet“, teilte die ATP mit.

Verstörende Aussagen

Wobei: Zu dieser vollständigen Untersuchung dürften dann auch die verstörenden Aussagen Moscarellas früher in jenem Match gehören, die zunächst in den Fokus gerieten und für einen Shitstorm in den sozialen Medien sorgten. Während einer sogenannten Toilettenpause von Sousa redete Moscarella, sonst bei allen Grand Slams und Topwettbewerben im Einsatz, plötzlich unkontrolliert auf seinen Landsmann Dalla Valle ein: „Zwei Stunden sind jetzt rum. Ich bin alt, und es ist heiß. Du solltest das 6:1, 6:1 gewinnen, du hattest 45 Breakbälle, bleib konzentriert und gewinne das jetzt so schnell wie möglich, ich bring dich um, ich bring dich um.“

Gespannt blicken Szenebeobachter nun auf die Reaktion der ATP. Vor gut einem Monat hatte sie einen anderen Top-Schiedsrichter, den Argentinier Damian Steiner, hochkant aus seinem Job gefeuert, weil er ohne Erlaubnis in seinem Heimatland Argentinien einige Interviews gegeben hatte. Steiner hatte sich in den Interviews dafür ausgesprochen, das Coaching in den Partien zu legalisieren. Die Sexismus-Vorwürfe gegen Moscarella wiegen nun weitaus schwerer. Schon in der Vergangenheit hatte er sich einmal einschlägigen Anschuldigungen gegenüber gesehen – damals soll er einer Schiedsrichterin beim Turnier in Gstaad unmoralische Angebote gemacht haben –, die Angelegenheit war dann aber im Sande verlaufen.