London. Die Rumänin trifft am Sonnabend auf Serena Williams, die mit einem Triumph ihrerseits einen Grand-Slam-Rekord einstellen kann.

Wie es sich gehört für eine gute Tochter, galt der erste Anruf, den Simona Halep nach ihrem Halbfinalsieg über die Ukrainerin Jelina Switolina tätigte, ihrer Mutter. „Sie hat vor 15 Jahren davon geträumt, dass ich das Finale in Wimbledon spielen würde. Jetzt ist dieser Traum wahr geworden, und das war ein besonderer Moment für uns“, sagte die Rumänin, die an diesem Sonnabend (15 Uhr MEZ/Sky) auf dem Center-Court um ihren ersten Titel bei den All England Championships kämpft.

Gegnerin Williams will Grand-Slam-Rekord von Margaret Court übertrupfen

Härter allerdings könnte die Gegnerin, die der ehemaligen Weltranglistenersten ihren zweiten Grand-Slam-Titel streitig machen will, kaum sein. Serena Williams, die an der Church Road bereits siebenmal die Siegertrophäe stemmen durfte, hat einen ganz besonderen Rekord im Blick. Siegt die 37 Jahre alte US-Amerikanerin, würde sie die Grand-Slam-Bestmarke der Australierin Margaret Court (24 Titel) egalisieren; ein Ansinnen, das sie seit ihrem Australian-Open-Triumph von 2017, sieben Monate vor der Geburt ihrer Tochter Alexis Olympia, verfolgt.

„Ich weiß, was für Serena auf dem Spiel steht. Aber ich trete nicht an, um ihren Rekord zu verhindern, denn ich respektiere sie sehr für alles, was sie erreicht hat. Ich trete an, um Wimbledon zu gewinnen und mich auf mein Spiel zu konzentrieren“, sagte die 27-Jährige aus Constanta, die 2018 bei den French Open ihren bislang einzigen Major-Titel gewinnen konnte.

Trainer von Halep schmiss hin, weil sie zu selbstdestruktiv war. Ein Wendepunkt

Um zu verstehen, wie Simona Halep zu einer der unbequemsten Kontrahentinnen werden konnte, die aktuell aufschlagen auf der Damentennistour, muss man zurückschauen in das Jahr 2017. Beim Turnier in Miami im März verlor sie trotz mehrfacher Führung ein Dreisatzmatch gegen die Britin Johanna Konta – und verärgerte mit ihrer selbstdestruktiven Art ihren Coach Darren Cahill so sehr, dass dieser die Zusammenarbeit bis kurz vor den French Open einstellte. „Dieses Erlebnis hat aus mir einen anderen Menschen gemacht“, sagte Halep nun in Wimbledon, „seitdem bin ich viel positiver und gebe keinen Ball mehr verloren.“

Das war in London im gesamten Turnierverlauf zu bewundern, in dem sie bislang nur im Zweitrundenduell mit ihrer Landsfrau Mihaela Buzarnescu einen Satz abgab und sich gegen Spitzenkräfte wie die frühere Nummer eins der Welt, Viktoria Asarenka aus Weißrussland, oder das erst 15 Jahre alte US-Wunderkind Cori Gauff behauptete. Halep ist eine Fleisch gewordene Ballwand, sie bringt das Spielgerät aus aussichtslos scheinenden Positionen ins gegnerische Feld zurück und spielt unter Druck aus der Bewegung Winner, die auch eine Serena Williams unter Druck setzen können.

Williams lobt "unglaubliche" Halep und ist vor dem Finale gewarnt

„Ich erwarte ein sehr hartes Match. Gegen Simona waren es meist sehr umkämpfte Duelle, und sie hat hier bislang unglaublich gespielt“, sagte die Titelfavoritin, die in zehn Partien gegen die aktuelle Ranglistensiebte neunmal als Siegerin den Platz verließ; 2011 im ersten Treffen auch einmal in Wimbledon. Davon jedoch werde sie sich nicht unter Druck setzen lassen, sagte Halep. „Ich bin ein anderer Mensch, habe vieles verändert in meinem Spiel und bin überzeugt, dass ich meine Chancen bekommen werde.“

Spätestens mit dem Premierensieg in Paris nach zuvor drei vergeblichen Grand-Slam-Finalanläufen (2014 und 2017 in Paris, 2018 in Melbourne) habe sie ihre Versagensängste hinter sich gelassen. „Früher habe ich zu viel nachgedacht. Ich hatte eine Menge Optionen im Kopf und habe dadurch alles verkompliziert“, sagte sie. Die Arbeit mit Cahill, der aktuell ein Sabbatjahr genießt und von Daniel Dobre vertreten wird, und einem Mentaltrainer habe sie das richtige Maß zwischen An- und Entspannung gelehrt. Wenn sie es auch am Sonnabend findet, dann ist alles möglich für Simona Halep.