Innsbruck/Seefeld in Tirol. Markus Eisenbichler hat noch nie ein Weltcupspringen gewonnen – jetzt ist er Weltmeister. Karl Geiger holt Silber.

Markus Eisenbichler hüpfte mit einem kräftigen Sprung auf das Siegertreppchen, wischte sich eine Träne aus den Augen und schrie völlig überwältigt seine ganze Freude heraus. "Ich bin überglücklich, aber ich weiß gar nicht, was ich fühlen soll", sagte der Skispringer aus Siegsdorf, der nach unzähligen zweiten Plätzen zum ersten Mal in seiner Karriere in einem Einzelwettbewerb ganz oben auf dem Podest stand und damit am Ziel seiner Träume angekommen ist. Ausgerechnet auf der legendären Großschanze am Bergisel in Innsbruck krönte er sich nun zum Weltmeister.

Den traumhaften WM-Auftakt für die deutschen Skispringer machte Karl Geiger perfekt, der zum ersten Mal eine Einzelmedaille bei einem internationalen Großereignis abräumte. Der 26-Jährige aus Oberstdorf segelte auf 131 und 130,5 Meter und wurde glücklicher Zweiter. Zuletzt hatten Martin Schmitt und Sven Hannawald bei der WM vor genau 20 Jahren in Ramsau für einen deutschen Doppelsieg gesorgt.

Der Silbermedaillengewinner schwebte im siebten Himmel. "Das ist so genial. Dass ich hier eine Medaille holen kann, habe ich förmlich gerochen", sagte Geiger in der ARD. Es war ein Nachmittag der großen Gesten. Wie stark der Zusammenhalt innerhalb der deutschen Skispringer ist, zeigte eine Reaktion nach dem entscheidenden Flug von Eisenbichler. Geiger jubelte voller Innbrunst über den Siegsprung seines Kumpels, obwohl der ihn gerade von der Spitze verdrängt hatte.

Eisenbichler – ein Mann der Extreme

11.400 Zuschauer erlebten eine packende WM-Entscheidung. Killian Peier aus der Mannschaft der Schweiz mit dem aus Deutschland stammenden Trainer Ronny Hornschuh hatte sich im ersten Durchgang überraschend an die Spitze gesetzt und war als letzter Springer ins Tal gesegelt.

Eisenbichler aber hatte da schon mit dem weitesten Satz des Tages auf 135,5 Meter eindrucksvoll gekontert und sprach später von einem seiner "geilsten Sprünge überhaupt." Der Bayer gilt ohnehin als Mann der Extreme. Gerne motiviert er sich mit dem martialischen Spruch "Sieg oder Sarg", der ihm einst ein Jugendtrainer zugerufen hatte. "Pokal oder Spital" gehört auch zu seinem Repertoire. Aber tatsächlich hat der Siegsdorfer im Skispringen fast alles erlebt.

2012 lag er schon einmal nach einem heftigen Sturz für einen Monat im Krankenhaus. Und auch sportlich musste Eisenbichler trotz seiner WM-Bronzemedaille bei der WM 2017 in Lahti so manchen Rückschlag einstecken. Als er im vergangenen Jahr bei den Olympischen Winterspielen in den Einzelwettbewerben auf die Plätze 8 und 14 kam, flog er aus der Mannschaft, die in der Teamentscheidung schließlich Silber holte. "Markus ist ein Stehaufmännchen", sagte Bundestrainer Werner Schuster voller Respekt.

Folgt am Sonntag Teamgold?

Während die großen Skisprungnationen wie Polen oder Österreich leer ausgingen, waren die deutschen Adler hellwach. Eisenbichler und Geiger lagen nach dem ersten Durchgang auf den Plätzen zwei und drei und behielten im entscheidenden Augenblick die Nerven. Dagegen blieb dem japanischen Weltcupspitzenreiter und Gewinner der Vierschanzentournee, Ryoyu Kobayashi, nur der vierte Platz.

Mit dem sensationellen WM-Auftakt begann derweil auch die Abschiedstour von Bundestrainer Schuster, der seinen zum Saisonende auslaufenden Vertrag nicht verlängert hatte. Für den Österreicher war nun der Triumph in seiner Heimat ein besonderer Moment. "Die Jungs haben das toll gemacht. Schön, dass ich das auf meine alten Tage noch erleben darf", sagte Schuster. Weltmeister Eisenbichler, der sich als siebter Deutscher zum Skisprung-Weltmeister krönte, gab das Lob gerne zurück: "Wir haben Werner viel zu verdanken. Daher geben wir bis zum Schluss alles."

Tatsächlich hat der scheidende Bundestrainer die gute Gelegenheit, seine elfjährige Karriere als Chef der deutschen Skispringer zu krönen. Ein Weltmeistertitel mit der Mannschaft fehlt Schuster noch. Am Sonntagnachmittag (14.45 Uhr/ARD und Eurosport) gibt es die Gelegenheit dazu, jene Lücke in seiner Trainervita zu schließen. Immerhin steuerte Richard Freitag aus Aue als Neunter ein weiteres Topresultat hinzu. Für den formschwachen Olympiasieger Andreas Wellinger rückt derweil Stephan Leyhe (Willingen) ins Aufgebot.