Hamburg. Aufbauspieler Carlton Guyton ist neu bei Hamburgs Basketball-Zweitligist. Der US-Amerikaner kann einen bewegten Lebenslauf vorweisen.

Carlton Guyton ist ein Mann, der, wie die Amerikaner sagen, einen gewissen „Swag“ ausstrahlt. Lässige Kleidung, trotz des Hamburger Schmuddelwetters strahlend weiße Turnschuhe, immer ein Lächeln und einen Spruch auf den Lippen; ein nordamerikanischer Basketballprofi, wie er im Buche steht. Doch hinter der coolen Fassade des Aufbauspielers, der seit Ende Dezember für die Hamburg Towers spielt, mit ihnen am Sonnabend (19.30 Uhr) bei den Uni Baskets Paderborn gastiert und der ein wichtiges Puzzleteil für den Bundesliga-Aufstieg sein soll, steckt deutlich mehr.

Auf seinen Basketballschuhen ist das englische Wort „Equality“ aufgestickt, das er anlässlich des in zwei Wochen beginnenden „Black History Month“ trägt. „Ich bin nie mit Rassismus in Berührung gekommen. Aber Gleichberechtigung ist mir extrem wichtig. Jeder sollte gleich behandelt werden, egal welcher Rasse, Religion oder sexueller Gesinnung er angehört. Daher möchte ich mit dem Schuh eine Botschaft senden“, erklärt der 28-Jährige, den alle nur „Scootie“ nennen. Den ungewöhnlichen Spitznamen bekam er als Baby von seinen Eltern, da er in der Wiege immer hin- und herrutschte. „Bis zum Beginn des Colleges fand ich den Namen nicht so cool, aber mittlerweile ist er ein Teil von mir“, sagt er und lacht. Wie so oft.

Nachdenkliche Seite

Seine nachdenkliche Seite zeigt Guyton dagegen, wenn er über seine Familie spricht. Seine fünfjährige Tochter Phoenix, die in Cleveland lebt, hat er zuletzt im vergangenen Juli gesehen. „Ich bin mit der Mutter nicht mehr zusammen, das macht es um ein Vielfaches schwerer. Phoenix und ich sprechen jeden Tag per Videochat. Sie fragt mich immer, warum ich noch wach bin und nicht im Bett liege. Dabei bin ich doch der Vater und sollte ihr solche Dinge sagen“, sagt der 1,93 Meter große Athlet. „Sie aus der Distanz aufwachsen zu sehen, das ist hart, aber so ist das Leben.“

Der Basketball hilft Guyton, der im Problemviertel South Side in Chicago aufwuchs. „In meiner Jugend gab es für mich zwei Dinge: die Kirche, wo mein Vater Pastor war und ich im Chor die Trommeln gespielt habe, und Basketball. Meine Oma hat mir mit zwei Jahren den ersten Korb geschenkt“, sagt er und rollt den Ärmel seines Pullovers hoch. In großen Lettern ist über den gesamten linken Unterarm der Name seiner Großmutter Dorothee tätowiert.

Für die NBA hat es nicht gereicht

Für eine Karriere in der NBA, der besten Liga der Welt, hat es für Guyton nicht gereicht, also versuchte der Basketballer sein Glück in Europa. Mit 21 Jahren ging er nach Stockholm. Es folgten Stationen in Ehingen, Gotha und Braunschweig, in Piacenza (Italien) und auf Zypern, wo er im Herbst 2018 aussortiert wurde. „Das war das erste Mal in meiner Karriere. Ich musste danach erst einmal wieder klar im Kopf werden. Als das Angebot aus Hamburg kam, musste ich aber nicht lange überlegen“, sagt Guyton, der – wie sollte es bei dem Sonnyboy aus Illinois anders sein – seine vielen Vereinswechsel positiv sieht. „Sie haben mich als Mensch wachsen lassen. Ich sehe es als Segen, dass ich den Job, den ich liebe, im Ausland ausüben kann. Ich will mit meiner Erfahrung und Vielseitigkeit den Towers helfen“, sagt der Neu-Hamburger.