Garmisch-Partenkirchen. Japans Überflieger ist aber schlagbar, sagt Eisenbichler. Für zwei gab es das „Debakel dahoam“ bei der Vierschanzentournee.

Markus Eisenbichler starrte gebannt auf die Anzeigetafel, raufte sich vor Spannung die Haare – doch erneut fehlte nur ein Hauch zum ganz großen Coup: Mit einem weiteren bärenstarken Auftritt ist der Bayer auch beim Neujahrsspringen der 67. Vierschanzentournee in Garmisch-Partenkirchen als Zweiter knapp hinter dem japanischen Seriensieger Ryoyu Kobayashi aufs Podest geflogen. Eisenbichlers Traum vom Tournee-Sieg lebt damit weiter.

„Heute Abend gibt es erstmal einen schönen Kamillentee“, sagte der Urbayer, als all die Siegesfeiern, Interviews und Ehrungen absolviert waren. Dass sich der deutsche Bilanzretter ein wenig mehr als Belohnung verdient hatte, sah er aber schnell ein: „Okay, vielleicht gibt es danach noch etwas anderes.“

Vierschanzensieg: Der ganz große Coup ist möglich

Mit hauchdünnem Rückstand auf den Japaner Ryoyu Kobayashi, der wie schon zwei Tage zuvor in Oberstdorf knapp vor Eisenbichler gewonnen hatte, geht der deutsche Überraschungsmann in die zweite Tourneehälfte – der ganz große Coup mit dem ersten Gesamtsieg seit Sven Hannawald 2002 ist möglich. Deshalb wollte sich Eisenbichler auch nicht lange über den wieder verpassten ersten Weltcupsieg grämen.

„Ich bin megahappy. Natürlich war ich kurz enttäuscht, weil ich mir den Sieg so sehr gewünscht habe. Aber jetzt überwiegt die Freude absolut“, sagte Eisenbichler, der nach 22 Zentimetern Rückstand in Oberstdorf nun rund einen Meter hinter Kobayashi lag. 21.000 Fans waren aus dem Häuschen, Eisenbichler hat im Duell mit Kobayashi Witterung auf den begehrten Goldadler als Tourneetrophäe aufgenommen. „Ich fühle mich saugut und bin in einer extrem guten Form“, sagte der 27-Jährige.

Mit 138,0 und 135,0 Meter sprang Eisenbichler im ausverkauften Olympia-Skistadion von 1936 zweimal weiter als Kobayashi (136,5+133,5). Weil der Japaner aber jeweils schlechtere Bedingungen hatte, sicherte er sich mit 266,6 zu 264,7 Punkten seinen sechsten Saisonsieg im neunten Wettkampf. „Der erste Sprung war richtig geil, der zweite nicht ganz top“, sagte Eisenbichler. Bundestrainer Werner Schuster meinte: „Die Tür war nach phänomenalem ersten Durchgang kurz auf. Markus springt eine fantastische Tournee.“

"Kobayashi ist schlagbar"

In der Gesamtwertung führt Kobayashi mit 548,9 Zählern vor Eisenbichler (546,6). Bei nicht einmal anderthalb Metern Abstand ist noch alles offen. Als Dritter liegt der Pole Dawid Kubacki (526,0), auch in Garmisch auf Platz drei, schon deutlich zurück. „Jetzt hoffe ich, dass es mal für mich reicht. Wenn ich zwei super Sprünge runterbringe, ist Kobayashi schlagbar“, sagte Eisenbichler.

Bei der Tournee wirkt er befreit und voll fokussiert. Vor seinem letzten Sprung in Garmisch klopfte er sich immer wieder auf die Brust, stimmte sich auf den entscheidenden Versuch ein. „Er hat über Monate das Trainingsniveau mitbestimmt“, erklärte Schuster. „Jeder gelungene Sprung gibt ihm mehr Selbstvertrauen.“

Stephan Leyhe belegte an Neujahr als zweitbester Deutscher Rang sieben, der Rest der DSV-Adler enttäuschte zum Teil herb. Karl Geiger konnte erneut nicht die Erwartungen erfüllen und kam nicht über Rang 19 hinaus. Vor der Tournee hatte der Allgäuer in jedem Wettkampf die Top 10 erreicht.

"Debakel dahoam"

Für zwei ganz prominente DSV-Springer setzte sich sogar das „Debakel dahoam“ fort. Wie schon in Oberstdorf scheiterten Olympiasieger Andreas Wellinger als 32. und Ex-Weltmeister Severin Freund als 41. bereits im ersten Durchgang. Während Wellinger weiterspringen darf, ist die Tournee für Freund, der nach langer Verletzungspause um den Anschluss kämpft, beendet. Bundestrainer Schuster nimmt den 30-Jährigen aus dem Team. „Es war einfach eine schlechte Leistung. Mich rauszunehmen, ist mehr als fair“, sagte Freund, während sich Wellinger wortlos verabschiedete.

Gemeinsam mit den beiden Deutschen schied auch Österreichs Weltmeister Stefan Kraft im ersten Durchgang aus. Für den Tournee-Sieger von 2014/15, der in Oberstdorf noch Dritter war, ist der Kampf um eine Spitzenplatzierung damit beendet – den Gesamtsieg werden Kobayashi und Eisenbichler unter sich ausmachen.

Weiter geht es bei der Tournee nach dem einzigen Ruhetag am Donnerstag mit der Qualifikation am Bergisel in Innsbruck.