Engelberg. Der Spätstarter sorgt für den ersten deutschen Sieg 2018. Doch eine Verletzung trübt die Aussichten für die Vierschanzentournee.

Riesenjubel über Karl Geigers Coup, große Sorge um Richard Freitag: Die deutschen Skispringer sind bei der Generalprobe für die Vierschanzentournee in Engelberg (Schweiz) mitten im Gefühlschaos gelandet. Während eine erneute Hüftverletzung für ein dickes Fragezeichens hinter Freitags Tourneeplänen sorgt, ist Geiger nach seiner Siegpremiere im Weltcup plötzlich ein ganz heißer Favorit für den ersten Saisonhöhepunkt.

"Das war insgesamt ein grandioses Wochenende", sagte Geiger, der 24 Stunden nach seinem Triumph im ersten Springen von der Gross-Titlis-Schanze als Vierter beim Sieg von Japans Weltcup-Spitzenreiter Ryoyu Kobayashi eine weitere Podestplatzierung nur um ungerechnet einen halben Meter verpasste.

Das konnte der 25 Jahre alte Oberstdorfer aber locker verschmerzen. "Der Samstag war ein genialer Tag, kaum in Worte zu fassen", sagte Geiger, der im 107. Weltcup-Springen seiner Karriere erstmals ganz oben stand, sich mit einem Wahnsinnssprung auf 141,0 m im zweiten Durchgang von Platz fünf noch zum Sieg stürmte: "Jetzt weiß ich aber, was möglich ist, wenn alles zusammenpasst. Es ist immer gut, wenn man so kurz vor der Vierschanzentournee sieht, dass man gut in Form ist."

Geiger landet immer unter Top Ten

Siebenmal in sieben Saisonspringen landete Geiger unter den besten zehn, das macht ihn zum deutschen Kandidaten Nummer eins auf eine Spitzenplatzierung bei der Tournee, die am 29. Dezember in Geigers Heimatort Oberstdorf beginnt. Der deutsche Spätstarter dürfte einer der stärksten Herausforderer für Kobayashi sein, der nach seinem vierten Saisonsieg (mit Schanzenrekord von 144,0 m am Sonntag) als Topfavorit zur Tournee reist.

Nicht nur wegen Geiger, der dafür sorgte, dass den deutschen Springern das erste Kalenderjahr ohne Einzelsieg seit 2010 erspart bleibt, sieht Bundestrainer Werner Schuster seine Adler gerüstet. "Wir haben ein ordentliches Niveau, sind mannschaftlich geschlossen", sagte der Österreicher.

Gefallen hatte ihm neben Geiger vor allem der Aufschwung von Markus Eisenbichler, der nach am Sonnabend verpasstem zweitem Durchgang zum Abschluss Sechster wurde. Stephan Leyhe (Plätze sechs und elf) ist eine Bank, Olympiasieger Andreas Wellinger (14. und 24.) sucht hingegen seine Form.

Freitag muss am Sonntag passen

Größtes Sorgenkind bleibt aber Richard Freitag, vor Geiger am 17. Dezember 2017 ebenfalls in Engelberg der letzte deutsche Weltcupsieger. Ohnehin nur mäßig in Form (bestes Ergebnis in diesem Winter ein 14. Platz in Kuusamo) und vor allem unsicher bei der Landung (Sturz in Nischni Tagil), stauchte es den Sachsen in der Probe am Sonnabend ordentlich beim Telemark zusammen.

Freitag trat zwar noch zum Wettkampf an, schied als 31. nach dem ersten Durchgang aus und klagte danach über Schmerzen an der Hüfte, die er sich bei der Tournee 2017/18 in Innsbruck lädiert hatte. "Ich bin kein Arzt, ich kann nicht reinschauen", sagte Schuster: "Heute hat es keinen Sinn gemacht. Ich hoffe, dass wir ihn bis zur Tournee wieder hinbekommen."

Freunds langer Weg zu alter Stärke

Ob Freitag den letzten Lehrgang vor der Tournee wie geplant bestreiten kann oder sogar ein Start in Oberstdorf gefährdet ist, wird sich in den kommenden Tagen zeigen. Derzeit kaum vorstellbar ist aber, dass Freitag, der im Vorjahr als Weltcup-Führender zur Tournee reiste, auch nun ein Wort um den Gesamtsieg mitreden kann.

Ein schwarzes Wochenende erwischte auch Severin Freund, der im ersten richtigen Tief nach der Rückkehr aus langer Verletzungspause steckt: An beiden Tagen den zweiten Durchgang verpasst, 50. und Letzter am Sonnabend, 47. am Sonntag – der Weg zu alter Stärke ist noch weit.