Frankfurt/M.

    Die Aufarbeitung des Sommermärchen-Skandals hat eine überraschende Herbstwendung genommen – den früheren DFB-Bossen wird nicht der Prozess gemacht. Das Landgericht Frankfurt/Main hat am Montag die Eröffnung des Hauptverfahrens gegen die Ex-Präsidenten Wolfgang Niersbach (67) und Theo Zwanziger (73) sowie den langjährigen Generalsekretär Horst R. Schmidt (76) im Zusammenhang mit der Affäre um die Vergabe der WM 2006 abgelehnt. Die 2. Strafkammer sah mit Blick auf die Steuerhinterziehungsklage gegen die drei ehemaligen Spitzenfunktionäre des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) keinen hinreichenden Tatverdacht. Das gilt auch für den ehemaligen Generalsekretär des Weltverbandes Fifa, den Schweizer Urs Linsi (69).

    „Ich habe immer betont, dass die gegen mich erhobenen Vorwürfe völlig haltlos sind. Jetzt bin ich sehr erleichtert“, sagte Niersbach dem Sportinformationsdienst. Nicht ganz so euphorisch äußerte sich Zwanziger: „Die Entscheidung ist gut und sachgerecht.“ Schmidt ließ über seine Anwälte ausrichten: „Wie die Verteidigung bereits vom ersten Tag der Ermittlungen – vor drei Jahren – vorgetragen hat, hat Herr Schmidt sich zu keinem Zeitpunkt strafbar gemacht.“

    DFB darf auf Rückzahlung von 19,2 Millionen Euro hoffen

    Die Staatsanwaltschaft hat nun eine Woche Zeit, um Beschwerde gegen die Entscheidung beim Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt/Main einzulegen.

    Die Ermittler waren zu dem Ergebnis gekommen, dass die drei ehemaligen DFB-Funktionäre gemeinschaftlich handelnd eine Zahlung in Höhe von 6,7 Millionen Euro in der Steuererklärung des DFB für das Jahr 2006 zu Unrecht als Betriebsausgabe deklariert und damit gewinnmindernd geltend gemacht hätten. Das Geld diente mutmaßlich zur Rückzahlung eines Darlehens an den früheren adidas-Chef Robert Louis-Dreyfus. Exakt diese Summe war drei Jahre zuvor offenkundig in Form von Vorleistungen von Franz Beckenbauer und Louis-Dreyfus an den früheren Fifa-Skandalfunktionär Mohamed bin Hammam nach Katar geflossen. Gegen diese Version wehren sich die Beschuldigten.

    Das Finanzamt Frankfurt/Main hatte Ende Oktober 2017 entschieden, dass die 6,7 Millionen vom DFB an Louis-Dreyfus steuerlich „unzutreffend“ behandelt worden seien – und verhängte eine Strafzahlung in Höhe von 19,2 Millionen Euro. Der DFB, der seine Führungsspitze inzwischen komplett ausgetauscht hat, beharrt weiterhin darauf, die Zahlung sei betrieblich veranlasst gewesen. Diese Ansicht wurde nun vom Landgericht geteilt. Da auch der Status der Gemeinnützigkeit des DFB vom Gericht nicht angezweifelt wird, darf der Verband auf die Rückzahlung der Strafe hoffen.