Westerland. Der viermalige Windsurf-Weltmeister Philip Köster kämpft vor Sylt um seinen fünften WM-Titel

    Wind und Wellen sind seine Elemente: Philip Köster ist erst 24 Jahre alt und schon viermaliger Weltmeister in der Windsurf-Königsdisziplin Waveriding, er dominierte die Jahre 2011, 2012, 2015 und 2017. Die Folgen eines schweren Trainingsunfalls (Kreuzbandriss) mit anschließender Knieoperation in Hamburg, die den Höhenflug im Jahr 2016 brutal gestoppt hatten, sind längst überwunden. Vor Sylt kämpft der Sohn Hamburger Auswanderer in dieser Woche um WM-Titel Nummer fünf. Dabei hat er sein erstes Vorlaufduell gegen den Franzosen Julien Quentel überraschend verloren, steht ab Dienstag beim Mercedes-Benz Windsurf World Cup Sylt mit dem Rücken zur Wand.

    Herr Köster, Sie sind erst vor ein paar Tagen auf Sylt angekommen. Woher kamen Sie?

    Philip Köster: Von Zuhause auf Gran Canaria. Die Woche davor war ich mit meiner Freundin Manca Notar in New York, wo sie einen Stand-up-Paddling-Wettbewerb bestritten hat. Sie ist darin viel besser als ich, war vergangenes Jahr Sprint-Weltmeisterin.

    In Ihrem Sport geht es auch eher aufwärts als vorwärts …

    Das stimmt. Ich habe das Windsurfen von meinem Vater gelernt. Seit ich das erste Mal 20 Zentimeter hoch gesprungen bin, wollte ich nie wieder aufhören.

    Was zieht Sie nach oben, was reizt Sie an den Höhenflügen?

    Da oben fühlt sich alles wie in Zeitlupe an. Ich habe Zeit zum Nachdenken.

    Und wo nehmen Sie die Zeit her bei Ihren artistischen Einsätzen?

    Ich liebe diese Sprünge einfach sehr und möchte immer höher fliegen. Mein Problem ist, dass ich bei acht, neun Metern nur wenig Adrenalinausschüttung habe, weil ich mich an die Höhe schon so gewöhnt habe. Ich will höher. Bei 15 Metern, da spüre ich das Adrenalin. Ich habe bis heute aber auch großen Respekt vor den Sprüngen, weiß ja, dass Fehler hart bestraft werden.

    Haben Sie sich inzwischen von den Folgen Ihres Unfalls vor zwei Jahren erholt?

    Ja, komplett. Das Knie ist hundertprozentig fit.

    Sie werden es im Duell mit Ihrem Dauer-Rivalen Victor Fernandez Lopez um die WM-Krone brauchen. Was ist der Spanier für ein Surf-Typ?

    Der surft einfach sehr, sehr sicher. Die Manöver, die er für seinen Wettkampf braucht, hat er sicher drauf.

    Was haben Sie ihm entgegenzusetzen?

    Ich riskiere ab und zu mehr, zeige Manöver, die man vielleicht nicht immer stehen kann. Deswegen habe ich öfter gewonnen. Dafür brauche ich aber stärkeren Wind. Ich bin mit 94 Kilogramm Gewicht 10, 15 Kilo schwerer als andere, brauche mehr Druck im Segel. Hinzu kommt, dass mehr Wind eine höhere Frequenz von Sprüngen ermöglicht.

    Sie glauben also an Ihre Chance?

    Ja! Zum Auftakt waren es hier mit den unbeständigen Winden einfach nicht meine Bedingungen. Aber es ist noch nichts verloren. Der Wind soll stärker werden. Dann kann ich Vollgas geben.

    Haben Sie einen Lieblingssprung?

    Den Doppel-Loop. Das sind zwei komplette Vorwärtsrotationen. Noch mehr Punkte gibt es dafür, wenn man ihn nicht sofort nach dem Sprung, sondern erst in sieben, acht Metern Höhe ansetzt. Je später und je länger je besser.

    Wie lässt sich das Sylter Surf-Revier vor dem Brandenburger Strand in Westerland charakterisieren?

    Sylt ist schwierig, so hart. Wir haben es mit viel Strömung, auflandigem Wind und hohen Wellen zu tun. Durch diese ganzen Wellen musst du rauskreuzen. Da das Waveriding selbst auch bepunktet wird, ist das anspruchsvoll, weil viel weniger berechenbar als beispielsweise mein Heimatrevier vor Gran Canaria. Ich bin hier im Alter von 15 Jahren gestartet, aber nicht mal rausgekommen. Stattdessen schwappte es mich auf die Buhne, die Wellenbrecher und Sandfänger vor Sylt. Vorher hatte ich das Event in Gran Canaria erstmals gewonnen und dachte, ich kann alles. Dann kam Sylt.

    Sie sind noch jung und ein Ende Ihrer Karriere ist nicht in Sicht. Haben Sie trotzdem noch andere Träume als Surfen?

    Ich möchte das so lange weitermachen wie es geht. Ich liebe Surfen und Reisen. Aber ich würde auch gerne noch etwas dazulernen, vielleicht eines Tages meine eigenen Boards machen.

    Können Sie als Surf-Profi gut von Ihrem Sport leben?

    Sehr gut sogar. Aber das geht natürlich vor allem dank meiner Sponsoren. Das Preisgeld alleine würde nicht reichen.

    Wie definieren Sie Erfolg?

    Ich habe keinen Ehrgeiz für Titel, sondern für gute Leistungen. Ich bin dankbar , dass ich windsurfen kann. Eigentlich könnte ich jeden Tag feiern.