Sotschi. Die Formel-1-WM scheint entschieden. Auch in Sotschi kommt Ferrari-Pilot Vettel nicht an Mercedes vorbei

    Sebastian Vettel quälte sich ein Lächeln ab und winkte kurz ins Publikum. Nach einem geschenkten Sieg für Titelverteidiger Lewis Hamilton kann sich der 31 Jahre alte Deutsche seinen Traum vom fünften WM-Triumph in diesem Jahr nicht mehr aus eigener Kraft erfüllen. Der Ferrari-Pilot kam vor der Kulisse in Sotschi am Sonntag nicht über den dritten Platz hinaus und musste auf dem Podest mitansehen, wie sein WM-Widersacher Lewis Hamilton von Russlands Staatschef Wladimir Putin die Sieger-Trophäe entgegennehmen durfte.

    Der Brite war in seinem Mercedes dank einer erneut starken Leistung und der angeordneten Mithilfe seines zweitplatzierten Teamkollegen Valtteri Bottas zum achten Sieg im 16. Saisonrennen gerast. „Er ist wirklich ein Gentleman, dass er mich vorbeigelassen hat“, sagte Hamilton über den sichtlich deprimierten Bottas. „Es ist, wie es ist“, sagte der Finne.

    Hamilton vergrößerte den Vorsprung auf Vettel auf 50 Punkte, hielt sich mit seiner Freude nach der Teamorder aber zurück. „Man hat gesehen, dass sie hervorragend zusammengearbeitet haben“, meinte Vettel, dem in dieser Saison nicht immer die Hilfe seines Stallrivalen vergönnt war. In Sotschi war er auch auf sich allein gestellt und letztlich ohne Siegchance. „Es war ein gutes Rennen, wir waren heute näher dran, haben aber offensichtlich nicht das Ergebnis, das wir wollten“, resümierte Vettel.

    Bei noch fünf ausstehenden Grand Prix in diesem Jahr könnte der Deutsche selbst bei fünf Siegen maximal 35 Punkte aufholen, wenn Hamilton jeweils Zweiter würde. Rechnerisch kann die WM aus Vettels Sicht schon beim übernächsten Rennen in den USA endgültig verloren sein und Hamilton dort, wo er 2015 schon einmal die WM gewann, mit der argentinischen Fahrerlegende Juan-Manuel Fangio nach Titeln gleichziehen. Dann würde er nur noch zwei Titel hinter Rekordchampion Michael Schumacher liegen.

    Nicht nur wegen dieser Rechenspiele wusste Vettel, wie wichtig der erste Kilometer nach dem Start beim Russland-Rennen würde. Er versuchte alles, als die Roten Ampeln ausgingen, erwischte von Position drei auch den besseren Beginn als Hamilton, der die Pole seinem Teamkollegen Bottas am Sonnabend überlassen hatte. Gleichauf rasten die beiden WM-Rivalen kurz nebeneinander. Doch im Windschatten von Bottas katapultierte sich Hamilton wieder an Vettel vorbei, versuchte kurzzeitig, seinen finnischen Mitstreiter vor Kurve zwei außen zu passieren.

    Hamilton riskierte aber nicht zuviel, das Rennen dauerte ja noch länger. Damit war die Reihenfolge an der Spitze erstmal zementiert. Bottas führte vor Hamilton und Vettel, Kimi Räikkönen reihte sich im zweiten Ferrari auf Rang vier ein. Das Quartett enteilte dem Rest des Feldes erschreckend schnell, nach nicht mal zehn Runden waren sie fast 14 Sekunden auf Max Verstappen im Red Bull voraus. Der Niederländer hatte an seinem 23. Geburtstag allerdings strafenbedingt vom 19. Rang aus starten müssen und sich binnen weniger Runden regelrecht durchs Feld gepflügt.

    Das Ende bestimmten die Mercedes-Strategen: Ein unmissverständlicher Funkspruch an Bottas mit der Aufforderung, Hamilton vorbeizulassen und der Brite ließ den Finnen in Runde 25 locker hinter sich. Bottas konnte so Vettel einbremsen und Hamilton seinem 70. Formel-1-Sieg auch vor den Augen von Präsident Wladimir Putin entgegenfahren.