Paris. Beim Ryder Cup führen die Europäer dank einer beeindruckenden Aufholjagd 5:3 nach Tag eins gegen die USA

    Als der Putt von British-Open-Champion Francesco Molinari zum letzten Sieg einer historischen Aufholjagd ins Loch fiel, brachen rund ums 14. Grün alle Dämme. Die Zuschauer stimmten einen orkanartigen Jubel an, und Europas Golfer fielen sich breit grinsend in die Arme. Nach einem 1:3-Rückstand aus den Fourballs geriet die Mannschaft von Kapitän Thomas Björn am Nachmittag in einen Rausch, gewann erstmals in der Geschichte alle vier klassischen Vierer und brachte sich beim 42. Ryder Cup gegen Titelverteidiger USA mit 5:3 in Führung.

    „Das war ein wundervoller Nachmittag nach einem enttäuschenden Morgen“, sagte Thomas Björn. „Ich bin auch stolz auf die Spieler, die zunächst nicht spielen durften. Sie waren fokussiert, als es darauf ankam. Aber es ist noch ein langer Weg.“

    Dabei schien am Vormittag auf dem Albatros Course des Le Golf National bei Paris zunächst alles auf eine klare Angelegenheit für die favorisierten Amerikaner hinauszulaufen, die ihren ersten Sieg auf europäischem Boden seit 1993 im englischen Sutton Coldfield erringen wollen. Drei von vier Vierern wurden gewonnen, nur Superstar Tiger Woods patzte an der Seite von US-Masters-Sieger Patrick Reed. Dabei war vom ersten Abschlag an eine Stimmung wie in einem Fußballstadion.

    „Olé, olé, olé“, brüllten die europäischen Fans. Die Anhänger der Amerikaner konterten mit lautstarken „USA, USA“-Rufen – ganz zur Freude von US-Basketball-Legende und Golf-Edelfan Michael Jordan, der nach Paris gereist war, um das US-Team zu unterstützen.

    Auch Keith Pelley, Chef der European Tour und Boss der europäischen Ryder-Cup-Organisation, war mit dem Auftakt zufrieden. „Es ist herausragend, einfach fantastisch“, schwärmte der Kanadier, als er im Morgengrauen mit erhobenem Daumen die VIP-Tribüne betrat.

    Doch die anfängliche Freude schien den europäischen Fans unter den rund 60.000 Zuschauern im Halse stecken zu bleiben. Es wurde ruhiger auf dem Platz. Erst als sich am Nachmittag in den Foursomes der Wind drehte, wurden immer häufiger auf dem malerischen Gelände wieder die Jubelrufe „Olé, olé, olé“ laut. „Die Atmosphäre ist fantastisch“, sagte der Schwede Henrik Stenson beeindruckt. Und während die Europäer Loch um Loch gewannen, knickten die US-Stars unerklärlich ein, rund eineinhalb Stunden gelang ihnen kein einziger Lochgewinn. Um 15.40 Uhr leuchteten auf den Scoreboards erstmals alle vier Duelle blau, erstmals lagen alle Europäer vorn.

    Daran änderte sich bis zum Ende des Tages auch nichts mehr. Eine Bank für Europa waren Francesco Molinari (Italien) und Tommy Fleetwood (England), die als Einzige ihre beiden Matches für sich entschieden und zwei Punkte holten. In bestechender Form präsentierten sich aber auch Sergio Garcia/Alex Noren (Spanien/Schweden), die Phil Mickelson und Bryson DeChambeau mit 5 und 4 deklassierten. US-Golfstar Mickelson stellte in Paris einen Rekord in der 91-jährigen Geschichte des Ryder Cups auf. Der 48-Jährige aus San Diego trat zum zwölften Mal im Kontinentalvergleich gegen die Europäer an. Der fünfmalige Major-Sieger übertrumpfte damit den Engländer Nick Faldo, der auf elf Einsätze kam.

    Nicht mehr bei den Foursomes dabei war Tiger Woods. Der US-Superstar, der von Kapitän Jim Furyk per Wildcard ins Team geholt worden war, passte sich seinen zumeist schwächeren Leistungen im Ryder Cup an und kassierte in den Fourballs an der Seite von US-Masterssieger Patrick Reed nach gutem Start gegen Molinari/Fleetwood doch die einzige Niederlage der Amerikaner.

    „Du musst im Fourball Birdies machen. Das haben wir am Anfang gemacht, auf den zweiten neun Löchern ist es gekippt“, sagte der 14-malige Major-Gewinner, der gerade seinen 80. Sieg auf der US-Tour gefeiert hat. Woods gab sich dennoch kämpferisch: „Mein Spiel ist gut, das Putten fühlt sich gut an. Ich bin da, wenn mich der Kapitän braucht.“

    An diesem Sonnabend stehen erneut vier Fourballs (ab 8.10 Uhr) auf dem Programm, gefolgt von den Foursomes am Nachmittag (ab 13.50 Uhr). Die USA benötigen aus den insgesamt 28 Spielen 14 Punkte, um erstmals seit 1993 wieder auf dem Alten Kontinent zu triumphieren. Europa braucht 14,5 Zähler zum Sieg.