Atlanta. Dem Golf-Milliardär aus Kalifornien gelingt beim PGA-Tour Championship ein traumhaftes Comeback

    Schon die letzten Meter die 18. Spielbahn herunter zum Grün wurden für Tiger Woods zu einem Triumphmarsch. Weil der Golfsuperstar in der letzten Paarung gemeinsam mit dem Nordiren Rory McIlroy unterwegs war, durften die Fans hinter den Spielern das Fairway betreten. Und die Menschenmassen waren kaum zu bändigen, das Sicherheitspersonal hatte alle Hände voll zu tun. „Tiger, Tiger“-Rufe schallte es aus Tausenden Kehlen, aber auch „USA, USA“ – so, als habe ein Golfer das Land wieder „great“ und stolz gemacht. „Tiger“ ist wieder da. Eines der beeindruckendsten Comebacks der Profisportgeschichte hatte sich Sonntagabend mit dem Sieg von Woods beim PGA-Tour Championship in Atlanta vollendet.

    „Ich kann nicht glauben, dass ich es geschafft habe. Es ist ein wahnsinniges Comeback“, sagte der 14-malige Major-Gewinner aus Kalifornien bei der Siegerehrung mit tränenerstickter Stimme. „Ich hing über fünf Jahre auf der 79 fest, und jetzt die 80 Siege perfekt zu machen, ist ein verdammt gutes Gefühl“, erklärte Woods. Seinen bis dato letzten Erfolg hatte er 2013 beim Bridgestone Invitational in Akron/Ohio gefeiert. Nur die US-Golf-Legende Sam Snead hat mit 82 Erfolgen noch mehr Titel gesammelt.

    Woods gewann die mit neun Millionen Dollar (7,65 Millionen Euro) dotierte Tour Championship mit einem Gesamtergebnis von 269 Schlägen vor seinen Landsleuten Billy Horschel (271) und Dustin Johnson (273). Durch den dritten Platz ist Johnson nun wieder die Nummer eins der Golf-Welt. Für Titel Nummer 80 kassierte Woods ein Preisgeld von 1,62 Millionen Dollar und rückte auf Platz 13 der Weltrangliste vor.

    1876 Tage hatte Woods auf diesen Moment warten müssen, in dieser endlosen Zeit vier Rückenoperationen über sich ergehen lassen und einige private Eskapaden bewältigen müssen. „Ich wusste nicht, ob das jemals wieder geschehen würde“, stammelte Woods, der am Ende vergeblich gegen seine Tränen kämpfte. „Mein Körper war ein Wrack“, gestand er. Es gab Tage, an denen er kaum alleine aus dem Bett gekommen sei. Im Mai des vergangenen Jahres schien seine einzigartige Karriere am Ende zu sei: Einen Monat nach seiner vierten Operation am lädierten Rücken wurde er wegen Drogenmissbrauchs am Steuer festgenommen. Die Bilder des schwer gezeichneten Golfstars schockierten die Öffentlichkeit. Woods begab sich daraufhin in stationäre Behandlung.

    „Hinter mir liegen keine ganz einfachen Jahre. Ich habe mich zurückgekämpft, hätte das allerdings ohne die Unterstützung meiner Leute nicht geschafft“, sagte Woods. Und wieder schimmerten seine Augen feucht. Vor allem, als er seinen Caddie Joa LaCava erblickte. Der hatte Woods trotz der sehr ungewissen Zukunft die Treue gehalten. Er erlebte hautnah, wie sehr Woods für sein Comeback und weitere Siege schuftete, und er lobte am Sonntag: „Die Leute haben keine Ahnung und können sich nicht vorstellen, wie hart Tiger gearbeitet hat.“

    Unvorstellbar war angesichts der Umstände eine solche Krönung des Comebacks. Erst vor ein paar Monaten hatte es sich angedeutet, dass Woods wieder zu Großtaten bereit war. Bei der British Open ließ er mit einem sechsten Rang aufhorchen, etwas später verpasste er als Zweiter der US PGA Championship seinen 15. Major-Triumph nur knapp. „Er hat so gutes Golf gespielt. Der Sieg war wirklich nicht überraschend, sondern nur eine Frage der Zeit“, sagte sein Landsmann Phil Mickelson.

    Im Trubel um Tiger ging der gleichzeitige Triumph des Engländers Justin Rose (38) beinahe unter. Der Olympiasieger kassierte für den ersten Platz der Jahreswertung der US-Tour den Jackpot von zehn Millionen Dollar.

    Am Finaltag war Woods mit drei Schlägen Vorsprung auf Rose und McIlroy gestartet. Die Fans peitschten ihr Idol lautstark nach vorn. Der Druck auf die Konkurrenten war enorm und am Ende einfach zu groß. Allen voran Rose und McIlroy machten Fehler um Fehler. Erst mit dem Birdie auf der 18. Spielbahn konnte sich Rose den Sieg in der FedExCup-Jahreswertung sichern. „Sorry, Jungs. Das war heute ein verrückter Tag“, gestand ein erleichterter Rose nach seinem letzten Putt.

    Dass Woods sich in bestechender Form befindet, wird auch die anderen Mitglieder des US-Teams beim Ryder Cup in dieser Woche (28. bis 30. September) freuen. Nicht zuletzt dank Woods sind die USA der große Favorit beim prestigeträchtigen Kontinentalvergleich mit Europa, der erstmals in Frankreich ausgetragen wird. „Wir werden jede Menge Spaß haben“, sagte Woods, der sich noch am Sonntag mit seinen elf Teamkollegen in Richtung Paris aufmachte. Dort will er seine schwache Ryder-Cup-Bilanz aufpolieren – und eine andere Durststrecke beenden: erstmals seit 25 Jahren mit den USA in Europa triumphieren.