Essen/Nyon. Am Donnerstag wird der Ausrichter des Turniers verkündet. Im Evaluation Report hat der DFB die Nase vorn

    41 Seiten umfasst das Schreiben, das am Freitagmittag öffentlich gemacht wurde und den schönen Namen „Evaluation Report“ trägt. Absender: der Europäische Fußballverband Uefa. Inhalt: ein Vergleich der beiden potenziellen Ausrichter der Europameisterschaft 2024. Deutschland auf der einen Seite, die Türkei auf der anderen. Ergebnis: Deutschland, gefeierter Gastgeber der WM 2006, sieht sechs Tage vor der Vergabe am kommenden Donnerstag in Nyon wie der sichere Sieger aus. Sommermärchen, Teil zwei? Die erste EM im vereinten Deutschland?

    „Der Bericht zeigt, dass wir unsere Arbeit in den vergangenen Monaten ernst genommen haben und die Uefa unsere Stärken honoriert“, sagt der Kapitän der Weltmeistermannschaft von 2014 und jetzige EM-Botschafter Philipp Lahm. „Wir hoffen, dass wir gewinnen, denn Deutschland ist der richtige Ort für die Austragung der EM 2024.“ Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt die Ausarbeitung der Uefa, die in den vergangenen vier Monaten beide Bewerbungen in zwölf Kategorien prüfte, beiden ein gutes Zeugnis ausstellt, aber in der Türkei Risiken aufziehen sieht.

    Die zehn deutschen Stadien entsprechen – auch wegen der WM 2006 – schon gegenwärtig allen Anforderungen an das Turnier mit 24 Mannschaften. In der Türkei müssten zwei Stadien neu aufgebaut (in Istanbul und in Ankara) und eines umfangreich renoviert (Antal­ya) werden. Die Bewerbung des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) verspricht zudem größere Kulissen und – nicht ganz unwichtig – höhere Einnahmen. Düsseldorf (46.264 Zuschauer) weist als Standort mit der geringsten Kapazität größere Möglichkeiten auf als sieben Bewerberstadien der Türkei.

    Auch im Bereich Infrastruktur muss die Türkei deutlich nachbessern. Ein Beispiel: Mehr als 5000 Kilometer Bahnstrecke würden nach aktuellem Stand noch gebaut werden müssen. Läuft alles wie geplant, „dann würden die Erfordernisse des Turniers erreicht werden. Das Ausmaß der zu bewältigenden Arbeiten im geforderten Zeitrahmen stellt allerdings ein Risiko dar“, wie die Uefa festhält. Weiterer Malus der Türkei: In der Bewerbung sei das „Fehlen eines Aktionsplans in Sachen Menschenrechte problematisch“. Wobei die nach Gewinnmaximierung strebende Fußballfamilie wenig Hemmungen hat, bei ausreichend Aussicht auf Profit auch über derlei Dinge hinwegzusehen. Beispiele sind die WM 2018 in Russland und die WM 2022 in Katar.

    Vieles spricht für Deutschland, aber nicht alles. Schließlich – auch das hält die Uefa fest – müsste der Verband auf die möglichen Gewinne Steuern und zudem Miete für die Nutzung der Stadien bezahlen. Für den in Turbulenzen geratenen DFB wäre der Zuschlag für die EM 2024 die sehnsüchtig erwartete gute Nachricht nach dem WM-Aus, dem Rücktritt Mesut Özils und dem Umgang mit ihm. Allerdings: Katar bekam einst bei der Evaluierung auch keine Empfehlung – und ist bald Gastgeber der WM. Deutschland wird, um Gewissheit zu haben, abwarten müssen, wie die 17 stimmberechtigten Mitglieder des Exe­kutivkomitees abstimmen.