Hamburg. Hamburger gewinnen ihr erstes Zweitligaheimspiel mit 3:0 gegen Bielefeld, auch weil es in Liga zwei keinen Videoschiedsrichter gibt

    Nach 93 Minuten musste Pierre-Michel Lasogga am späten Montagabend zunächst einmal tief durchatmen. Während seine Kollegen sich abklatschten oder jubelten, brauchte der Stürmer zunächst ein paar Sekunden, um wieder zu Luft zu kommen. 3:0 hatte sein HSV gerade gegen Arminia Bielefeld gewonnen – und Lasogga, so viel sei an dieser Stelle verraten, hatte maßgeblichen Anteil am ersten Zweitliga-Heimsieg der Vereinsgeschichte.

    Dass es ein besonderer Abend werden würde, stand lange vor dem Anpfiff fest. Ein Montagabendspiel – das hatte es noch nie im Volkspark gegeben. Dachten zumindest die meisten der 46.934 Zuschauer. Stimmte nicht ganz. Denn tatsächlich spielte der HSV auch in der Bundesliga schon zweimal an einem Montag: 1964 gegen Eintracht Frankfurt (2:2) und 1988 gegen Nürnberg (4:1). Und weil die Hamburger sogar das letzte Montagsspiel in der Relegation gegen den KSC 2015 mit 2:1 nach Verlängerung gewinnen konnten, war man sich vor dem Anpfiff in Hamburg einig, dass Spiele am ersten Tag der Woche durchaus ihre Berechtigung haben.

    Diese hatte von Anfang an auch Lasogga, der nach seinen beiden Pokaltreffern gegen Erndtebrück erstmals seit dem 5. November 2016 im Volkspark von Beginn an auflaufen durfte. Damals verloren die Hamburger 2:5 gegen Dortmund. Diesmal brauchte Lasogga nicht lange, um maßgeblich dabei mitzuhelfen, dass es im Hier und Jetzt anders ausgehen würde.

    Nach der knapp zehnminütigen Anfangsphase, in der vor allem Bielefeld die Akzente setzte, waren allerdings nicht Lasoggas Torjägerqualitäten gefragt. Sondern seine Rammbockqualitäten. Oder wie Trainer Christian Titz es gerne formuliert: seine Wucht. Nach einer Santos-Ecke stellte sich der Stürmer mit dem schottischen Abwehrbrocken David Bates Arminias Torhüter Stefan Ortega resolut in den Weg, wodurch Lewis Holtby aus sieben Metern ins leere Tor köpfen konnte. Was in der Bundesliga eine mehrminütige Überprüfung durch den Videorichter nach sich gezogen hätte, wurde eine Liga tiefer von Schiedsrichter Arne Aarnink mit nur einem Pfiff quittiert: 1:0 nach neun Minuten und ein kollektiver Jubel mit dem Trikot des schwer verletzten Jairo Samperios – so oder so ähnlich hatten sich Lasogga und Co den Auftakt dieses Montagabends wohl vorgestellt.

    Der in der Zweiten Liga fehlende Vi-deorichter hätte wohl auch beim zweiten Aufreger der insgesamt etwas faden ersten Halbzeit die Hauptrolle übernommen. Und erneut war man in Hamburg alles andere als unglücklich darüber, dass der viel diskutierte Anruf nach Köln für ein Jahr ausbleiben muss. Denn diesmal war es ein haarsträubender Fehlpass von Rick van Drongelen, der kurz vor der Pause zunächst den gesamten Volkspark verstummen ließ. Arminias Stürmer Andreas Voglsammer sprintete dazwischen und versuchte aus 25 Metern den Ball über den an der Strafraumgrenze stehenden Julian Pollersbeck zu lupfen. Hamburgs Keeper hielt zwar den Ball, wobei selbst die x-te Zeitlupe nicht klären konnte, ob er diesen innerhalb oder außerhalb des Strafraums mit der Hand parierte. Matti Steinmanns augenzwinkernder Erklärungsansatz in der Pause: „Die Situation war schwer zu entscheiden. Aber wenn beim Torschuss im Zweifel für den Angreifer entschieden wird, muss bei einer Parade im Zweifel für den Torhüter entschieden werden.“

    Nun denn. Mit dem Fuß wurde der Ball aber auch noch gespielt. Oder besser: versucht zu spielen. Denn im zweiten Durchgang erinnerten die Protagonisten die Zuschauer sehr eindringlich daran, dass Montagabends die Zweite Liga und eben nicht mehr die Bundesliga auf dem Programm steht. Lediglich Neuzugang Khaled Narey war noch bemüht, die Schonkost durch wohl dosierte Leckerbissen (48., 63., 64. und 86.) anzureichern.

    Ein echter Festschmaus war an diesem Abend aber nur einem Protagonisten vorbehalten: Lasogga, Pierre-Michel. Eine verunglückte Hereingabe Aaron Hunts nutzte der Torjägerbrocken, um sich zunächst tänzerisch wie eine Ballerina selbst in Szene zu setzen und dann mit aller Wucht mitten ins Glück zu treffen (75.). Und weil einmal keinmal ist, legte der Mann des Abends kurz vor Schluss sogar noch einmal nach: Erst wurde Lasogga von Julian Börner in Bielefelds Strafraum zu Boden befördert, dann trat der Gefoulte zum Elfmeter an – und traf zum 3:0-Endstand. Fazit dieses Montagabends: Der HSV ist da, wo er sich am wohlsten fühlt – auf einem Relegationsrang.