Drochtersen. Regionalligist feiert knappes 0:1 bis tief in die Nacht. Präsident Gooßen: „War richtig, bei uns im Dorf zu spielen“

    Beim groß angekündigten „Dorffest danach“ bewies Präsident Rigo Gooßen Kondition. „Unsere Mannschaft hat mit Tausenden von Fans am Vereinshaus bis tief in die Nacht gefeiert. Ich habe bis halb zwei durchgehalten“, sagte der Präsident des niedersächsischen Regionalligisten SV Drochtersen/Assel. Angestoßen wurde auf das knappe 0:1 (0:1) gegen den turmhohen Favoriten FC Bayern München, das Robert Lewandowski erst in der 81. Minute entschieden hatte. Knapp zwölf Stunden bevor Gooßen mitten in der Nacht den Heimweg antrat, hatte Drochtersens Stadionsprecher Dirk Ludewig vorweggenommen, was passieren werde: „An drei Dinge wird man sich in 100 Jahren erinnern. Die Mondlandung, den Mauerfall – und das heutige Pokalspiel unserer SV Drochtersen/Assel gegen den FC Bayern.“

    Bei den Spöttern unter den 1650 Bayern-Fans im mit 7800 Zuschauern voll besetzten Kehdinger Stadion, die aufgrund Ludewigs Ansage einen Sieg ihres Champions-League-gestählten FCB im hohen zweistelligen Bereich erwarteten, verflüchtigte sich mit jeder Spielminute der bajuwarische Humor fortan ein bisschen mehr.

    Der Außenseiter verschob taktisch klug gegen den Ball, erklärte den eigenen Sechzehner zum Sperrgebiet für die Münchner und bestritt vor allem völlig unerschrocken und respektlos die Zweikämpfe. Resultat: Die Bayern kamen im zweiten Pflichtspiel unter Niko Kovac in der ersten Hälfte nur zu einer echten Gelegenheit, als Maurer Meickel Klee Lewandowskis Schuss auf der Linie blockte (27.). Sechs Minuten später klingelte es fast auf der anderen Seite. Drochtersens Florian Nagel tauchte frei vor Manuel Neuer auf, der Welttorhüter rettete per Fußabwehr. „Ich habe den Ball nicht voll getroffen. Die Szene wird mich wahrscheinlich die nächsten Jahre verfolgen“, so Nagel später lächelnd.

    In der zweiten Hälfte versuchten es die Bayern über längere Zeit gar vor allem mit Fernschüssen, weil sie keine Möglichkeit sahen, das Dickicht der Drochtersener Abwehrbeine zu überspielen. Der erste erlösende Torjubel blieb ihnen zudem im Halse stecken, Franck Ribéry behinderte beim Tor von Thomas Müller D/A-Keeper Patrick Siefkes in der Sicht – Abseits (79.). Zwei Minuten später betätigte sich Lewandowski schließlich als Abstauber für einen verunglückten Schuss von Leon Goretzka und verhinderte mit seinem Treffer eine Blamage für die Bayern, an die man sich vermutlich wirklich noch in 100 Jahren erinnert hätte.

    So schwach sich die Münchner fußballerisch auf dem Feld präsentiert hatten, so stark lobten sie den Gegner anschließend. „Wie Drochtersen als Regionalligist gegen uns dagegengehalten hat, das war absolut top“, lobte Rechtsverteidiger Joshua Kimmich. „Drochtersen hat es uns sehr schwer gemacht. Ein toller Kampf unseres Gegners mit viel Leidenschaft“, stieß Kovac ins gleiche Horn. Sein erster Weg nach dem Schlusspfiff führte mit erhobenem Daumen zu D/A-Trainer Lars Uder.

    „Jeder meiner Jungs war heute noch 30 Prozent giftiger und griffiger als sonst. Ich bin sehr stolz auf die Truppe. Das fühlt sich nicht an wie eine Niederlage“, sagte Uder. Und Präsident Gooßen durfte sich in seiner Entscheidung, das Spiel in Drochtersen auszutragen, bestätigt fühlen. „Man muss wirklich sagen, dass die Sensation möglich war. Die Atmosphäre in unserem Kehdinger Stadion war auch genauso schön, wie wir sie uns gewünscht haben. Das hätten wir in Hamburg vor viel mehr Zuschauern so nicht hinbekommen.“