Berlin. Uli Hoeneß fordert eine DFB-Reform für mehr Einfluss und nutzt Grindels Schwäche

    Es ist 54 Tage her, dass sich der deutsche Fußball mit dem Vorrunden-Aus bei der WM bis auf die Knochen blamiert hat. Doch anstatt dass sich die führenden Köpfe im Land des abgestürzten Weltmeisters gemeinsam überlegen, wie man wieder herauskommt aus dem Schlamassel, tobt ein Machtkampf. Er tobt im Deutschen Fußball-Bund (DFB), wo der durch das WM-Debakel und die Affäre um den Rücktritt von Mesut Özil samt Rassismusvorwürfen geschwächte Präsident Reinhard Grindel seine Position zu stärken versucht und dafür von Nationalelfdirektor Oliver Bierhoff abrückt. Und er tobt um die Zukunft der Nationalelf. Hier sieht nun der FC Bayern seine Chance für den großen Schlag.

    Am Sonntag forderte Bayern-Präsident Uli Hoeneß bei Sky nicht weniger als eine umfassende DFB-Reform. Man müsse „die Nationalmannschaft aus den Verbandsstrukturen herauslösen und ihr ein eigenes Management von professionellen Leuten zur Verfügung stellen“, sagte der 66-Jährige. Die DFB-Führung um Grindel könne dabei als Aufsichtsrat fungieren, so Hoeneß. Im Klartext bedeuten würde das ein ähnliches Szenario wie im Jahr 2000, als die 36 Bundes- und Zweitligisten aus dem DFB herausgelöst wurden, um sich in einem Ligaverband als DFL selbst zu organisieren.

    Grindel soll laut Hoeneß nur noch als Aufsichtsrat fungieren

    Darüber hinaus fordern Hoeneß und Bayerns Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge seit Längerem mehr Fachkompetenz beim DFB. Rummenigge sagte nach dem WM-Debakel: „Der DFB ist eigentlich nur noch durchsetzt von Amateuren.“ Und nun legt eben Hoeneß nach: Das frühe WM-Aus sei ein „Alarmzeichen“ gewesen, so Hoeneß, „es muss sich etwas ändern.“

    Doch das fordern nicht nur die Bayern. Ähnlich äußerte sich erst kürzlich DFL-Geschäftsführer Christian Seifert: Es sei an der Zeit, über eine Struktur nachzudenken, die „endlich klar trennt zwischen einem professionellen hauptamtlichen bezahlten Management und einem Aufsichtsgremium aus Amateurvertretern und Profifußballvertretern“.

    Möglich ist der Vorstoß der Bayern nun auch durch die Schwäche Grindels. Der hatte sich im Vorfeld des Münchner Pokalspiels gegen den SV Drochtersen/Assel am Sonnabend (1:0) mit Hoeneß und Rummenigge getroffen. In einem Interview mit der „Bild am Sonntag“ sagte er: „Richtig ist, dass wir mehr Sportkompetenz ins Präsidium holen wollen.“ Der DFB-Ehrenspielführer Philipp Lahm soll im Falle des Zuschlags für die EM 2024 in Deutschland (Entscheidung 27. September) aufrücken. Rummenigge, der Grindel mit seiner Kritik kürzlich angegriffen hatte, habe auch recht, dass der Austausch mit der Liga intensiviert werden müsse, so Grindel.

    Der DFB-Boss hat sich in der Vergangenheit schon oft opportunistisch gezeigt wie auch bei Özil. Im Interview gibt er sich in diesem Fall nun selbstkritisch: „Ich hätte mich angesichts der rassistischen Angriffe (...) deutlicher positionieren und vor Mesut Özil ­stellen müssen“, sagte Grindel.

    Nun, da er unter Druck steht, rückt er auch von Nationalelfdirektor Bierhoff ab. So nehme er durchaus wahr, „dass an der Basis der Begriff ,Die Mannschaft‘ als künstlich empfunden wird. Auch das sollten wir auf den Prüfstand stellen.“ Bierhoff hatte den Begriff nach dem WM-Triumph 2014 zur Markenbildung ins Leben gerufen. Zudem kündigte Grindel an, dass Bierhoff neben einem Leiter der neuen DFB-Akademie auch ein neuer Sportdirektor zur Seite gestellt wird: „Ansonsten muss er in den nächsten Monaten selbst überprüfen, ob er das alles leisten kann.“