Hamburg. Hamburger Beachvolleyballer begeistern 8000 Zuschauer beim Major-Finale am Rothenbaum

    Ein bisschen Geduld war am Ende dann doch gefragt. Gerade glaubte Julius Thole (21) den dritten Matchball mit einem platzierten Angriffsball verwandelt zu haben, da reklamierten die Letten Martins Plavins/Edgars Tocs eine vermeintliche Netzberührung seines Partners Clemens Wickler (23). Quälende zwei Minuten mussten die 8000 Zuschauer auf dem prall gefüllten Centre-Court am Hamburger Rothenbaum auf die Bilder auf der Videowand warten; ein Stimmungskiller, der Jubel erstarb kurzzeitig, bis es Weiß auf Grün aufblinkte: Challenge abgelehnt, alles war korrekt. Satz und Sieg Thole/Wickler, Einzug ins Halbfinale, der größte Erfolg ihrer nicht einmal einjährigen Partnerschaft.

    Thole/Wickler besiegten die Weltranglisten-Achten nach 63 Minuten mit 2:1 (22:20, 15:20, 15:13)-Sätzen, steigen selbst im Ranking am Montag erstmals unter die Top 20 auf und dürfen am heutigen Sonnabend um 14.15 Uhr die norwegischen Weltranglistenersten Anders Mol/Christian Sörum zum Duell um den Einzug ins Endspiel herausfordern, das für 20.30 Uhr angesetzt ist. Zudem sind ihnen mindestens 35.000 US-Dollar Preisgeld für Platz vier sicher. Bislang erspielten sie in diesem Jahr 36.000 Dollar.

    Thole/Wickler gehen mit Chancen ins Halbfinale. Das bisher letzte Match gegen die Norweger hatten sie vor fünf Wochen in Espinho (Portugal) in drei knappen Sätzen gewonnen. Mol/Sörum siegten danach 22-mal in Folge, bis sie am Freitag in Hamburg in ihrem letzten Gruppenspiel Alexander Brouwer/Robert Meeuw­sen, den Ex-Weltmeistern aus den Niederlanden, etwas leichtfertig mit 1:2 Sätzen unterlagen.

    „Clemens hat ein überragendes Spiel gemacht“, lobte Thole seinen Mitstreiter, der in Abwehr und Angriff eine Weltklasseleistung bot, mit spektakulären Aktionen Bälle im Spiel hielt, die das stöhnende Publikum bereits verloren gab. „Clemens und die Zuschauer haben das Spiel gewonnen“, sagte Thole. „Es ist wahnsinnig, dass wir noch zwei Spiele machen dürfen.“ Das ETV-Duo, aktuell Weltranglisten-26., war nur mit einer Wildcard zum Finale der Beachvolleyball-Major-Tour zugelassen worden. Dass sie immer noch im Wettbewerb sind, macht das Event zu einem emotionalen Highlight wie im vergangenen Jahr, als Laura Ludwig/Kira Walkenhorst hier siegten. „Danke an die Jungs, sie sind einfach großartig“, jubelte Ausrichter Frank Mackerodt. Zu den Gratulanten gehörte auch Innen- und Sportsenator Andy Grote, der extra wegen des Auftritts der beiden einen Termin verlegt hatte.

    Wem aber ihr ganz persönlicher Dank zu gelten hat, wussten Thole/Wickler sofort nach dem Match, nach minutenlangen Huldigungen und den Sprechchören der Zuschauer. Wickler umarmte innig Anett Szigeti, die Sportpsychologin des Olympiastützpunktes Hamburg/Schleswig-Holstein. Seit sie dem Team regelmäßig mit Rat zur Seite steht, kleine entscheidende Verhaltenstipps gibt, haben sich nicht nur Kommunikation und Konzentration verbessert, Thole/Wickler haben in den vergangenen Wochen ihr Leistungsniveau noch einmal steigern können.

    Zum Viertelfinale am Freitagabend war es gekommen, weil die beiden Hamburger ihr letztes Gruppenspiel gegen die Polen Piotr Kantor/Bartosz Losiak mit 0:2 (15:21, 15:21)-Sätzen verloren und damit knapp den direkten Einzug ins Halbfinale verpasst hatten. Beide Teams wiesen nach den vier Vorrundenspielen 3:1 Siege auf, doch die polnischen Weltranglistenvierten hatten den etwas besseren Punktequotienten (1,166:1,065), der über den Vorrundensieg entschied.

    Bei den Frauen wahrten die Weltranglistensechsten Chantal Laboureur/Julia Sude (Stuttgart/Friedrichshafen) mit ihrem zweiten Gruppensieg, 2:0 (21:19, 21:13) gegen Heather Bansley/Brandie Wilkerson aus Kanada, ihre Chance aufs Halbfinale. „Die Kulisse ist einfach großartig, die pusht uns, wir finden immer besser ins Turnier. wir wollen noch weit kommen“, sagte Laboureur. Bei der engen Kon­stellation in ihrer Gruppe sollten sie am Sonnabend (11.45 Uhr, Centre-Court) gegen die Brasilianerinnen Carol Solberg Salgado/Maria Antonelli möglichst gewinnen, um alle Rechnereien zu vermeiden. Dem HSV-Duo Victoria Bieneck/Isabel Schneider kann dagegen selbst höhere Mathematik nicht mehr helfen. Nach ihrer dritten Niederlage, 0:2 (19:21, 17:21) gegen Sarah Pavan/Melissa Humana-Paredes (Kanada), sind sie vorzeitig ausgeschieden. „Sehr schade, es war mehr möglich“, meinte Bieneck. Ein kleiner Trost sind 7500 Dollar Preisgeld.

    Zeitplan: Sonnabend: 10.45 Uhr: Gruppenspiele, Frauen; 14.15 Uhr: Halbfinale, Männer; 16.45 Uhr: Viertelfinale, Frauen; 19.15 Uhr: Spiel um Platz 3, Männer; 20.30 Uhr: Finale, Männer. Sonntag: 9 Uhr: Halbfinale, Frauen; 12.30 Uhr: Spiel um Platz 3, Frauen; 14 Uhr: Finale, Frauen. Der Eintritt ist frei.