OrLando. 147 Nationen stimmen über neue Spielform ab – deutscher Tennisbund dagegen

    Hartford, Connecticut, 24. Juli 1987. 6:39 Stunden stehen sich Boris Becker und John McEnroe im Davis Cup gegenüber. Am Ende setzt sich Becker mit 4:6, 15:13, 8:10, 6:2, 6:2 durch. „Es war das größte Match, das ich je gespielt habe“, sagte Becker später einmal über die Partie. Es war Davis Cup pur, was Becker und McEnroe damals im Hexenkessel von Hartford boten.

    Geht es nach den Plänen des Tennis-Weltverbandes ITF, wird es solche Szenen in Zukunft nicht mehr geben. Denn schon von 2019 an will ITF-Boss David Haggerty den traditionsreichen Teamwettbewerb umkrempeln. Statt über drei Gewinnsätze soll es nur noch über zwei Gewinnsätze gehen, statt vier Einzeln und einem Doppel soll es nur noch zwei Einzel und ein Doppel geben.

    Der größte Einschnitt ist allerdings im Modus geplant. Denn nach einer Vorrunde im Februar mit Heim- und Auswärtspartien nach altem Muster qualifizieren sich zwölf Teams für eine Finalwoche, die im November am Ende der Tennis-Saison an einem neutralen Ort ausgetragen wird. 18 Teams sollen dann zunächst in sechs Dreiergruppen und danach im K.o.-System den Champion ausspielen. Es ist nichts anderes als eine Davis-Cup-Revolution, die Haggerty und seine Mitstreiter da planen.

    „Wir sicheren damit die Zukunft des Davis Cups“, sagt Haggerty, „die Spieler reden schon jetzt über einen Erfolg im Davis Cup so wie über einen Grand-Slam-Titel. Das wird nach der Reform noch viel mehr so sein.“

    In der von Fußballstar Gerard Piqué geführten Investmentfirma Kosmos hat Haggerty einen potenten Sponsor gefunden, der drei Milliarden Dollar für 25 Jahre verspricht, wenn die Vertreter am Donnerstag auf der Generalversammlung des Weltverbandes in Orlando (Florida) für das ehrgeizige Projekt stimmen. „Geld, das den nationalen Verbänden zugute kommt, um in die Entwicklung des Tennissports auf der ganzen Welt zu investieren“, sagt Haggerty in bester Werbesprache.

    Für die Reform benötigen die Amerikaner eine Zwei-Drittel-Mehrheit. 147 Nationen dürfen abstimmen, je nach Größe des Verbandes ist die Stimmen-Anzahl verteilt. Deutschland als größter Verband der Welt besitzt wie die Veranstalter-Nationen der vier Grand-Slam-Turniere zwölf Stimmen – und wird diese gegen die Pläne einsetzen. „Wir werden definitiv dagegen stimmen“, sagte DTB-Boss Ulrich Klaus, „der Geist des Davis Cups ginge komplett verloren.“

    Vor allem die Tatsache, dass es nur noch in der Vorrunde Heim- und Auswärtsspiele gibt, stößt in Deutschland auf Ablehnung. „Wir wollen auch weiterhin die Möglichkeit haben, den Tennisfans in Deutschland unsere besten Spieler zu präsentieren“, sagte Klaus. Darüber hinaus ist für den DTB-Chef beim Deal mit Kosmos vieles unklar („Uns fehlen noch Informationen“).

    Unterstützung bei seiner Haltung findet der DTB bei einigen Verbänden in Europa, vor allem aber in Australien. Denn erst vor einigen Monaten haben die Australier zusammen mit der Herren-Tour ATP die Wiedergeburt des World Team Cups publik gemacht. Von 2020 an sollen im Januar 24 Nationen den inoffiziellen Mannschaftsweltmeister ermitteln – nur zwei Monate nach der geplanten neuen Davis-Cup-Woche. Ob die stark beanspruchten Spieler das mitmachen, ist unklar.