Berlin. Malaika Mihamboreichten 6,75 Meter im Weitsprung für Platz eins. Gejubelt hat sie nicht

    Malaika Mihambo ist eine Frau der großen Sätze. Die sprudeln allerdings nicht aus ihrem Mund heraus. Deutschlands beste Weitspringerin redet ruhig und mit Bedacht. Obwohl sie Gelassenheit ausstrahlt, beschreibt sich die 24-Jährige selbst als verkopft. Sogar im Moment ihres größten sportlichen Triumphes änderte sich das nicht. Nach ihrem EM-Titel stand sie gefasst in eine Deutschlandfahne gehüllt in den Stadionkatakomben und sagte mit leiser Stimme: „Ich kann das noch gar nicht realisieren. Den Abend werde ich einfach nur in Trance verbringen.“

    Einen Tag später sah sie immer noch so aus, als sei sie aus dem Traumzustand nicht erwacht. Außer: Jetzt trug die Kurpfälzerin ihre lockigen Haare offen. Nüchtern erzählte sie von der Nacht: Dopingkontrolle, Empfang im deutschen Haus, ein bisschen feiern, ab ins Bett für nicht allzu lange Zeit. Ihre Familie musste schon früh wieder die Rückreise antreten. Sachlich analysiert Mihambo auch ihre Sprünge. Die ersten beiden, die nicht gut waren. Wie sie den Druck gebraucht hat, um auf ihre Siegesweite von 6,75 Metern zu springen. Wie sie immer noch nicht zufrieden war und sie selbst in ihrem letzten Sprung, als ihr Sieg längst feststand, zeigen wollte, dass sie es noch besser kann. Sieben Meter wollte sie. Es gelang ihr nicht.

    Dennoch war der Titel für Mihambo Genugtuung. 2016 hatte sie bei der EM in Amsterdam bereits Bronze gewonnen, bei Olympia in Rio verpasste sie das Podium als Vierte knapp. 2017 durchlebte sie ein schwieriges Jahr. Sie war lange verletzt, wegen eines Knochenödems am Fuß bestand sogar die Gefahr, nie wieder Leistungssport machen zu können. Doch sie kämpfte sich zurück. Nun blickt sie nach vorn. Richtung 2020, Olympia in Tokio. Dort soll es mehr sein als Platz vier. Doch natürlich, sagt sie, freue sie sich, in Europa „zum Kreis der Auserwählten zu gehören“.

    Die letzte deutsche Auserwählte war Heike Drechsler. vor 20 Jahren gewann sie in Budapest EM-Gold. Auch in Berlin war sie dabei: Mit der Harke in der Grube. „Das habe ich bis zum letzten Sprung gar nicht wahrgenommen“, erzählte Mihambo. „Dann hatten wir Blickkontakt, und sie hat mir zugenickt und gelächelt.“ Drechsler wusste da schon: Ihre Nachfolgerin war gefunden.