Hamburg. St. Paulis Siegtorschütze von Magdeburg beeindruckt mit Leistung, Mentalität und Authentizität

    Gleich vier Kamerateams hatten sich am Tag nach dem 2:1-Sieg des FC St. Pauli beim 1. FC Magdeburg im Presseraum der Trainingsanlage an der Kollaustraße positioniert. Der für St.-Pauli-Verhältnisse ungewöhnliche Andrang galt insbesondere einem Spieler, der das Zeug dazu hat, sich in den kommenden Jahren in die Garde der ganz großen Publikumslieblinge des Kiezclubs einzureihen – Marvin Knoll. Der 27-Jährige hatte am Sonntag mit einem direkten Freistoß das Siegtor in Magdeburg erzielt.

    Auch wenn eine ausschweifende Heldenverehrung beim FC St. Pauli eigentlich als ein Tabu gilt, hat sich Knoll in den wenigen Wochen seit dem Trainingsstart Ende Juni vom halbwegs noch unbekannten Hoffnungsträger zu einer anerkannten und beliebten Leitfigur entwickelt. Es ist diese Mischung aus sportlicher Leistung und Mentalität auf dem Platz sowie seiner höchst erfrischenden Authentizität, die sich der gebürtige Berliner erhalten hat. Knoll gibt sich einfach so, wie er ist. Er redet „frei Schnauze“, wie man hierzulande so schön sagt. Und auch aus dem letzten Winkel des Stadions ist zu erkennen, dass er auf dem Platz immer den Ball haben und mit ihm etwas Produktives anfangen will. Bisweilen kommt dabei sogar etwas Geniales heraus, wie eben bei seinem Freistoßtor in Magdeburg.

    Es spricht für Knoll, dass ihm auch ehemalige Mitspieler, die jetzt Konkurrenten sind, zu seinem ersten Zweitligatreffer und -sieg für St. Pauli gratuliert haben. „Marco Grüttner hat mir geschrieben: .So kenn ich dich‘“, berichtete Knoll am Montag von der Kurznachricht, die er vom Regensburger Stürmer erhalten hatte, mit dem er in der vergangen Saison gemeinsam für Furore gesorgt hatte. Auch von ehemaligen Teamkollegen von Sandhausen und Hertha BSC habe er Glückwünsche bekommen, verriet Knoll weiter.

    Seine Fähigkeit, Freistöße wie jetzt in Magdeburg, aber auch Ecken mit Präzision und Vehemenz zu schießen, ist nur zu einem kleineren Teil das Ergebnis seines besonderen Talents. Der größere Teil ist regelmäßige Arbeit. „Ich habe schon früh damit angefangen, auch weil ich damals in der Jugend bei Hertha BSC einer der wenigen Linksfüße war. Da habe ich vor und nach dem Training immer noch Extraschichten eingeschoben“, erzählt er.

    Ein Vorbild hatte er, neben David Beckham und Andrea Pirlo, sogar auch in seinem Club in Berlin – den Brasilianer Ronny. Zum internen Freistoßschützen Nummer eins wurde Knoll aber erst später nach seinem Wechsel von Sandhausen zu Jahn Regensburg. „Auch jetzt haben wir vor dem Spiel in Magdeburg noch intensiv Ecken und Freistöße trainiert“, sagte Knoll und untermauerte damit, dass auch Stärken immer wieder geübt werden müssen, damit sie so effektiv funktionieren wie jetzt beim ersten Saisonsieg.

    „Dieser Einstand war wie gemalt. Dass er gleich bei der ersten Freistoßchance seine Qualität so zeigt, war großartig und auch wichtig für uns“, sagte am Montag auch St. Paulis Trainer Markus Kauczinski. „Er hat aber auch sonst eine Leistung gezeigt, wie wir es uns erhofft haben. Seine Mentalität und seine Art, die anderen mitzureißen, sind sehr wichtig für das Team.“

    „Wir können jetzt weiter mit breiter Brust auftreten“, sagte Knoll mit Blick auf sein erstes Zweitliga-Heimspiel am Millerntor am Freitag (20.30 Uhr) gegen Darmstadt 98. Noch hat der Defensivspezialist für seine Torpremiere seinen Kollegen nichts ausgegeben. „Das werde ich mit meinem Einstand kombinieren“, sagte er. „Da bin ich ein Fuchs.“ Kein Widerspruch.