Magdeburg. Der Neuzugang erzielt per Freistoß den Siegtreffer zum 2:1-Erfolg in Magdeburg. Team zeigt große Moral

    Ganz kurz überlegte Marvin Knoll noch, ob er seine Gefühle in gesetzten Worten ausdrücken sollte, aber dann sagte er es doch einfach nur so, wie er es empfand. „Das war natürlich geil. Ich wusste erst gar nicht, wohin ich laufen sollte, als der Ball im Netz war.“ Der 27 Jahre alte Defensivspieler war am Sonntag im Team des FC St. Pauli das, was gemeinhin als „Matchwinner“ bezeichnet wird. Sein direkt erzieltes Freistoßtor bedeutete die 2:1-Führung für sein neues Team zum Zweitligaauftakt beim hoch eingeschätzten Aufsteiger 1. FC Magdeburg. Und als die Hamburger in der Nachspielzeit der dreiminütigen Nachspielzeit auch noch einen Freistoß gegen sich unbeschadet überstanden hatten, stand der von den fast 2500 St.-Pauli-Fans gefeierte Auswärtssieg fest.

    Später bediente sich auch St. Paulis Trainer Markus Kauczinski dieses Vokabulars. „Eine geile Aktion von Knolli, der den Ball ins Tor hämmert, hat das Spiel entschieden“, sagte er. Wenige Meter vor der Strafraumgrenze in halblinker Position war eine Aktion gegen Waldemar Sobota als Foul gewertet worden. Es war genau die Situation, auf die Freistoßspezialist Marvin Knoll bis dahin vergeblich gewartet hatte. Mit seinem ersten Torschuss düpierte der aus Regensburg gekommene Linksfuß Magdeburgs Torwart Jasmin Fejzic, indem er den Ball hoch in die Torwartecke zog. „Ich hatte gesehen, dass die Mauer zu gut stand, um den Ball links daran vorbei ins Tor zu schießen. Ich habe mich dann so hingestellt, als wenn ich über die Mauer schießen wollte, habe mir aber vorgenommen, ins Torwarteck zu zielen“, beschrieb der Torschütze seine Gedankengänge in den Sekunden vor dem entscheidenden Schuss. „Als der Ball den Fuß verließ, hatte ich schon das Gefühl, dass es gut werden könnte. Ich bin ja so schon ein emotionaler Typ, aber das war mal eine Stufe mehr“, sagte Knoll, der zuvor im Spiel keine Gelegenheit gefunden hatte, seine Schusskraft zu zeigen.

    St. Paulis Sportchef Uwe Stöver konnte sich nach dem Spiel in seiner bisherigen Einkaufspolitik bestätigt fühlen. Neben Knoll hat er bisher keinen wirklich neuen Spieler verpflichtet. „Ich freue mich vor allem darüber, wie wir dieses Spiel hier gewonnen haben. Wir haben dokumentiert, dass wir in so einer Atmosphäre ein Spiel auch nach einem Rückstand für uns entscheiden können. Zudem freue ich mich, dass Marvin ein gutes Spiel gemacht hat. Das wichtigste Argument, ihn zu verpflichten war, dass er die Ärmel hochkrempelt, die Jungs antreibt und mitnimmt. Das ist ein ganz wichtiges Element“, sagte er.

    Genau diese Qualitäten waren besonders gefragt, nachdem St. Pauli in der 16. Minute fast wie aus dem Nichts mit 0:1 in Rückstand geraten war. Philipp Ziereis hatte sich bei einem Kopfballversuch gründlich verschätzt und ermöglichte es dem Magdeburger Stürmer Christian Beck, allein auf das Tor zuzustreben. Dessen Flachschuss ins rechte Eck war für St. Paulis Torwart Robin Himmelmann nicht haltbar. „Das Gegentor geht ganz klar auf meine Kappe. Ich habe den Ball falsch eingeschätzt“, sagte Innenverteidiger Zier­eis zu seinem Fauxpas.

    Doch St. Paulis Verunsicherung nach diesem Rückschlag dauerte nur wenige Minuten. Die Spieler setzten ihre Gegner an deren Strafraum unter Druck, und daraus entstand dann auch der Ausgleich. Einen zu kurzen Abwehrschlag von Michel Niemeyer nahm St. Paulis Christopher Buchtmann mit der Brust an und schoss den Ball mit links ins linke untere Toreck zum 1:1 (29.). Damit sorgte der Mittelfeldspieler für eine Parallele zum Beginn der vergangenen Saison, als sein Tor zum 1:0 beim VfL Bochum ebenfalls für einen Auftaktsieg seines Teams geführt hatte.

    „Ich habe den Ball direkt volley um den Gegenspieler herumgezogen. Dann hat er richtig gepasst“, sagte Buchtmann. „Den macht so auch nicht jeder“, sagte Außenverteidiger Luca Zander, der an der Aktion beteiligt war. Auch Ziereis konnte sich nach seinem Fehler am Ende wieder freuen. „Ein großes Kompliment, wie wir zurückgekommen sind, wie wir Gas gegeben und guten Fußball gespielt haben“, sagte der 25-Jährige. „Insgesamt haben wir verdient gewonnen.“

    „Unsere Moral war heute richtig gut“, befand auch Siegtorschütze Marvin Knoll. „Wie wir uns nach jeder Grätsche gefeiert haben, so stelle ich mir ein Team vor, so stelle ich mir Fußball vor. Wir waren fußballerisch gut und im Zweikampf richtig präsent.“

    Verpflichtung eines neuen Stürmers weiter offen

    Auch Trainer Kauczinski, der dieselbe Startelf wie im letzten Test gegen
    Stoke City ins Rennen geschickt hatte, stellte die Mentalität seines Teams in den Vordergrund seiner Analyse. „Es war eine starke Reaktion, ein starkes Zeichen, dass wir nach dem Rückstand nach vorn gegangen und auf den Ausgleich gedrückt haben“, sagte er.

    „Diese drei Punkte geben uns Kraft für die nächsten Spiele“, sagte Ziereis und blickte schon nach vorn. „Im Bus darf die Mannschaft gern noch ein bisschen feiern, aber wenn die Tür in Hamburg aufgeht, richten wir den Fokus auf das Heimspiel gegen Darmstadt am Freitagabend“, sagte abschließend Uwe Stöver. Der Sportchef ließ unterdessen offen, ob er bis dahin noch einen neuen Stürmer verpflichten wird. Der Sieg in Magdeburg zeige, dass es keinen dringenden Handlungsbedarf gibt.