Paris. Ein Trainer wandelt sich: Nach vier Wochen bei Paris Saint-Germain sind die Franzosen voll des Lobes über ihren deutschen Chefcoach

    Heute vor genau einem Monat begann das neue Abenteuer von Thomas Tuchel. Auf dem Trainingsgelände von Paris Saint-Germain bat der erste deutsche Trainer in der Geschichte des Hauptstädter-Clubs zum Trainingsauftakt. Nur zehn Fans und fünf Journalisten schauten vorbei: Minus-Rekord. Der Grund? Tuchel zieht (noch) nicht, die PSG-Anhänger erwarteten einen namhafteren Coach wie Carlo Ancelotti oder Diego Simeone als Nachfolger von Unai Emery. Durch die Weltmeisterschaft in Russland hatte Tuchel nur ein halbes dutzend an Profis zur Verfügung. Schritt für Schritt kehren die Brasilianer (Neymar, Thiago Silva, Marquinhos) und die Franzosen (Mbappé, Kimpembe) zurück, doch wenn es bereits um den ersten Titel der Saison heute Nachmittag (14 Uhr) im fernen China gegen AS Monaco beim französischen Supercup geht, kann er von weitem nicht aus dem Vollen schöpfen.

    Bisher verlief die Vorbereitung relativ holprig. Trotz Neuzugang Gianluigi Buffon im Kasten hagelte es beim Drittligisten Chambly (2:4), sowie beim International Champions Cup gegen Arsenal (1:5) in Singapur an Gegentoren.

    Auf dem Transfermarkt hat Tuchels neuer Arbeitgeber bis dato keinen Cent investiert. Weltstar Buffon kam ablösefrei von Juventus. Vier Wochen vor dem Ende der Transferperiode werden die Gerüchte nicht weniger. Tuchel wünscht sich noch drei Spieler: Auf der Innenverteidiger-Position gilt Bayerns Jérôme Boateng weiterhin als heißester Kandidat, auch durch die Tatsache, dass der deutsche Nationalspieler gleich für vier Lösungen parat stehen würde: Als Abwehrspieler fürs Zentrum in einer Viererkette, sowie in einer Dreierkette, aber auch als Rechtsverteidiger und als linker Außenverteidiger, wo auch Dortmunds Raphael Guerreiro ein Thema bleibt, sowie Leverkusens Wendell.

    Nach Thiago Mottas Karriereende entsteht im defensiven Mittelfeld eine große Lücke. Wird es zu einem Wiedersehen zwischen Tuchel und Julian Weigl kommen? Sobald der Transfer des belgischen Nationalspielers Axel Witsel zu Borussia Dortmund als perfekt vermeldet wird, soll Weigl in der französischen Hauptstadt aufschlagen.

    Sehr rasch hat sich Tuchel in seiner neuen Umgebung angepasst. Er spricht mittlerweile fließend französisch, aber die Sprache des Weltmeisters benutzt er erst einmal nur hinter den vier Wänden des Trainingsgeländes in Saint Germain en Laye. Mit den Medien plaudert er nur auf englisch.

    Seine tägliche gute Laune steckt PSG an. „Egal ob ein Star bei den Spielern oder die Putzfrau, der Trainer behandelt jeden gleich und er ist zu allen Leuten einfach nett und offen“, erklärte ein PSG-Angestellter. Eine Aussage, die überrascht. In Dortmund hatten Mitarbeiter des Clubs hinter vorgehaltener Hand nicht immer positiv über die Umgangsformen des Trainers gesprochen. Sie vermissten eben das, was Tuchels Vorgänger beim BVB, Jürgen Klopp, immer gelebt hatte. Auch mit Spielern hatte sich Tuchel überworfen.

    In Paris sind solche Geschichten kein Thema. Es wird über andere Dinge geschrieben. Am vergangenen Montag veröffentlichte die französische Sportzeitung „l´équipe“ das Gehalt des deutschen Trainers: Monatlich wird Tuchel 420.000 Euro brutto verdienen, genauso viel wie sein Vorgänger Unai Emery.

    Spielerisch sorgte er mit der Einführung der Dreier-Abwehrkette für ein Novum, die er nun durchsetzen will, um aus PSG eine taktisch extrem flexible Mannschaft zu formen. Mit dem magischen Duo Neymar-Mbappé will er Paris in eine neue Dimension führen. Zuletzt wurde Neymar, der vor einem Jahr für die Rekordsumme von 222 Millionen Euro vom FC Barcelona an die Seine gewechselt war, mit Real Madrid in Verbindung gebracht.

    Doch ein Wechsel des Brasilianers in diesem Sommer ist völlig ausgeschlossen. „Man kann doch nicht einer der drei besten Spieler der Welt nach bereits einem Jahr wieder abgeben. Was würde das für unser Projekt bedeuten? Wir haben riesen große Ambitionen und zwar mit Neymar“, sagte PSG-Boss Nasser Al-Khelaifi. Tuchel begrüßte Neymar nach der Ankunft in China mit einer innigen Umarmung.

    Tuchel kam auf Empfehlung des Spaniers Xavi nach Paris

    In der französischen Hauptstadt bleibt der Name des neuen Übungsleiters ein Zungenschnalzer. Thomas „Tüschelle“ sorgt für Kuriosität. Wer ist denn dieser Mann, den in Frankreich nicht viele auf der Rechnung hatten, der aber beim Scheich Tamim ben Hamad die Nummer eins war, nachdem er den Rat vom ehemaligen spanischen Nationalspieler Xavi (derzeit Trainer in Katar) bekam?

    „Der Coach ist vor allem sehr menschlich, er will für eine gute Atmosphäre in der Mannschaft, aber auch im ganzen Club sorgen, urteilt Mittelfeldspieler Lassana Diarra. Im Training ist er detailbesessen. Er will dem Zufall nichts überlassen.“ Auch Tuchel selbst zeigt sich nach seinem ersten Monat als PSG-Coach rundum zufrieden. „Wir haben eine hervorragende Truppe, die richtig mitzieht. Das Ziel ist diese großartige Stimmung in der Kabine über die ganze Saison mitzutragen. Dann sind wir mit Sicherheit in der Lage, eine großartige Saison zu bestreiten.“

    Egal ob in Mainz oder bei Borussia Dortmund, der Krumbacher war für seine Wutausbrüche berühmt. In Paris blieb er bis heute stets ruhig. Man fragt sich wie lange, vor allem wenn der Ernst der Lage beginnen wird. In acht Tagen geht es in der Meisterschaft mit dem Heimspiel gegen Caen los und Mitte September mit der Gruppenphase der Champions League, in der Tuchels größte Herausforderung liegen wird: Seit 2011 und dem Einstieg der Scheichs ist PSG kein einziges Mal in das Halbfinale der Königsklasse eingezogen.