Papendal. Sprintweltmeisterin Dafne Schippers spricht vor der EM über die ungerechte Verteilung von Kontrollen, Trainingsalltag – und unreine Haut

    Dafne Schippers ist eine der schnellsten Frauen der Welt, zweimalige Weltmeisterin, Olympiazweite und Europarekordlerin über 200 Meter (21,63 Sekunden). Im Sportzen­trum Papendal bei Arnheim hat sich die 26 Jahre alte Niederländerin auf die Leichtathletik-Europameisterschaften in Berlin vorbereitet, die am Montag im Olympiastadion beginnen.

    Frau Schippers, wie kam es zu Ihrem Ernährungs-Blog „Dafne likes“?

    Dafne Schippers: Früher hatte ich jemanden, der ein Ernährungsprogramm für mich erstellt hat. Aber ich war nicht richtig zufrieden. Also habe ich Bücher darüber gelesen, wie man sich gesund ernährt. Von den Ergebnissen habe ich Fotos und Rezepte bei Instagram gepostet und war überrascht, wie viele positive Reaktionen es gab. So habe ich den Blog begonnen, es wurde mehr und mehr. Weil ich nicht so viel Zeit hatte, schlug meine Schwester vor, mir zu helfen. Da wurde sogar ein Buch daraus.

    Verkauft es sich gut?

    Ja, ganz okay. Eine Zahl kann ich Ihnen aber nicht sagen. Das war nicht der Beweggrund. Es macht einfach Spaß.

    Wie viel Spaß steckt derzeit im Sport?

    In diesem Moment, ganz ehrlich? Da ist es nur harte Arbeit, ein sehr präzise durchorganisiertes Leben 24 Stunden am Tag. Du musst früh ins Bett gehen, diszipliniert essen, hart trainieren, bekommst Behandlungen. Und dazu die Wettkämpfe. Ich versuche, beim Drumherum Spaß zu haben, sehe mir gern die Städte an. Aber das Reisen macht auch müde, du musst dich erholen für die Wettkämpfe. Am Tag danach reist du heim, dann geht es mit Training weiter. So ist das monatelang. Im Sommer ist das Sportlerleben schon sehr hart.

    Das klingt nicht gerade begeistert. Was ist ein glücklicher Tag für Sie?

    Wenn ich ein gutes Training hatte. Und natürlich ist es immer schön zu gewinnen. Aber besonders glücklich bin ich auch, wenn ich mich einen Tag zu Hause entspannen kann. Ich habe einen kleinen Hund, mit dem ich auch gern spazieren gehe. Manchmal ist es wichtig für mich, meinen Fokus auf etwas anderes als die Leichtathletik zu richten.

    Wie sieht Ihr Karriereplan aus? Eine olympische Goldmedaille 2020 in Tokio gewinnen und dann aufhören?

    Ich bin nicht sicher. Ich bin gerade 26 und könnte noch an zwei Olympischen Spielen teilnehmen. Jetzt konzentriere ich mich voll und ganz auf Tokio 2020, denn tatsächlich hoffe ich, dort die Goldmedaille zu gewinnen. Wenn das gelingt, wird die Entscheidung leichter, Jahr für Jahr zu entscheiden, ob ich weitermache oder nicht.

    Sie haben als Siebenkämpferin begonnen, waren als Juniorin bereits sehr erfolgreich und auch bei den Frauen, wo sie 2013 sogar WM-Bronze gewonnen haben. Warum der Wechsel zum Sprint?

    Ich hatte Probleme mit meinen Knien, das war der Hauptgrund. Seit ich 16 Jahre alt war, hatte ich eine Knieentzündung und immer Schmerzen, wenn ich einen Siebenkampf zu Ende bestreiten wollte. Ich konnte auch nicht Hochsprung trainieren, obwohl das nicht gerade meine beste Disziplin war. Deshalb habe ich keine Fortschritte gemacht. Und andererseits hat sich mein Sprint ja ganz gut entwickelt. Der finanzielle Aspekt war und ist mir nicht wichtig.

    In Berlin werden einige russische Leichtathleten, so wie schon bei der WM 2017, wieder ohne Flagge und ohne Hymne starten, als unabhängige Athleten. Ist das die richtige Entscheidung, oder plädieren Sie dafür, nach dem erwiesenen Staatsdoping dort Russland komplett auszuschließen?

    Ganz ehrlich: Ich habe dazu keine feste Position. Ich verlasse mich darauf, dass die Menschen, die darüber entscheiden müssen wie Sebastian Coe (Präsident des Weltverbandes IAAF, die Red.), die richtige Entscheidung treffen. Das liegt vielleicht auch daran, dass ich in meinen Disziplinen nicht damit konfrontiert bin. Ich will mich nicht von solchen Dingen ablenken lassen, auch wenn ich weiß, dass es da große Probleme gibt, allerdings nicht nur in der Leichtathletik, sondern in verschiedenen Sportarten. Ich kann nur sagen, ich bin der größte Verfechter von sauberem Sport.

    Das sehen anscheinend nicht alle so. Als Sie 2015 in Peking zum ersten Mal Weltmeisterin wurden über 200 Meter, in der Europarekordzeit von 21,63 Sekunden, wurden Sie sofort des Dopings verdächtigt.

    Das war sehr hart. Ich war so glücklich, es war so speziell, Weltmeisterin zu sein. Und das Erste, was ich hörte, war: Das kannst du ohne Doping ja gar nicht geschafft haben. Das ist brutal, denn ich bin zu 100 Prozent sauber. Ich arbeite sehr, sehr hart für meinen Erfolg, ich investiere alles in meinen Sport, in mein Training und in mein Talent. Wenn du dann mit solch einer Aussage konfrontiert wirst: Das killt dich einfach.

    Sie wurden auch auf Ihre unreine Haut im Gesicht angesprochen, die Sie bei Wettkämpfen gern überschminken. Das sei der Beweis, dass Sie Anabolika nähmen.

    Wenn Sie Fotos von mir sehen, als ich noch sehr jung war, hatte ich auch schon dieses Hautproblem. Und nicht nur ich, das ist in unserer Familie so. Das macht es für mich noch schlimmer. Es ist so einfach, Leuten einen Stempel aufzudrücken. Nach dem Motto: Sieh doch nur ihre Haut an, alles klar! Das könnten Sie dann sehr vielen Menschen unterstellen. Es ist übrigens für eine Frau in meinem Alter sowieso nicht angenehm, ein solches Hautproblem zu haben. Wenn ich es ändern könnte, würde ich es tun. Da gibt es keine Verbindung mit Doping.

    Werden Sie oft kontrolliert? Wann zuletzt?

    Heute, deshalb habe ich meinen Trainingsplan umgestellt, weil ich nicht auf Anhieb eine Probe abliefern konnte. Ich werde oft kontrolliert, mindestens 30-mal im Jahr. Nach Peking 2015 im olympischen Jahr war es sogar mehr als 50-mal. Aber es ist mir recht, wenn sie so oft kommen. Wenn sie andere Sprinter genau so oft kontrollieren ...

    ... das geschieht aber nicht, zum Beispiel bei der starken Konkurrenz aus der Karibik und anderswo.

    Ich weiß das nicht. (lacht) Aber ich habe schon gehört, dass es da große Unterschiede geben soll, was die Art der Kontrollen und ihre Häufigkeit angeht. Wenn es wirklich so ist, finde ich das unfair. Es sollte überall gleich sein.