London. Bundestrainer Reckinger fordert nach dem WM-Aus der Hockeydamen mehr gemeinsame Übungseinheiten

    Leere – dieses Wort beschrieb den Gemütszustand am besten, der die deutschen Hockeydamen auch am Tag nach dem bitteren Viertelfinal­aus bei der Feld-WM in England quälte. Niemand hatte mit dieser 0:1-Niederlage gegen Spanien am Mittwochabend im Lee Valley Hockey Centre auf dem Olympiagelände von 2012 gerechnet. Und das nicht aus Überheblichkeit, die einem Land, das 1981 zuletzt den Weltmeistertitel holen konnte, auch nicht zustünde. Sondern weil die junge Auswahl von Bundestrainer Xavier Reckinger bei ihren drei Vorrundensiegen gegen Südafrika (3:1), Argentinien (3:2) und den Viertelfinalgegner (3:1) so abgeklärt, so erwachsen zu Werke gegangen war, dass der Weg ins Finale vorgezeichnet zu sein schien.

    Was für eine Chance sie verpasst hatten, war den Spielerinnen schon kurz nach Spielende klar. Im Halbfinale hätte am Sonnabend Irland gewartet. Und die Irinnen wären wohl an einem normalen Arbeitstag ebenso schlagbar gewesen wie die biederen Spanierinnen, die sich auf das Zerstören des deutschen Spiels verlegt und dann mit der Effektivität, die in der Gruppenphase die Deutschen ausgezeichnet hatte, eine ihrer wenigen Torchancen genutzt hatten.

    Das Problem war, dass Reckingers junge Truppe unter dem Druck, Favorit in einem K.-o.-Spiel zu sein, nicht in der Lage war, ihre Normalform zu erreichen. Es ehrte den belgischen Coach, dass er die Verantwortung dafür teilweise sich selbst zuschrieb. „Ich ärgere mich, dass ich nicht vorher erkannt habe, dass ein K.-o.-Spiel doch mehr Druck erzeugt als ein Gruppenspiel“, sagte der 34-Jährige, der das Team im Herbst 2017 vom nach China abgewanderten Jamilon Mülders übernommen und ihm ein offensiveres, mutigeres Spielverständnis angedient hatte.

    Dies wurde der Mannschaft gegen Spanien insofern zum Verhängnis, als dass der Gegner sich in seiner Hälfte einigeln und den Deutschen die Spielkontrolle überlassen konnte. „Offensiv haben wir nicht die Lösungen gefunden, wie es uns in der Gruppenphase gelungen war. Es lag nicht an der Einstellung, die Spannung war da. Aber wir hatten nicht das nötige Spieltempo. Ich bin trotzdem stolz auf die Mädels, die aus diesem Turnier viel lernen können, um besser zu werden“, sagte Reckinger.

    Wohltuend war, dass keine Spielerin Ausflüchte suchte. „Wir sind noch nicht reif genug, um in solchen Spielen mit der Favoritenrolle umgehen zu können“, sagte Mittelfeldspielerin Franzis­ca Hauke vom Harvestehuder THC, mit 28 Jahren eine der Erfahrenen. „Wir haben uns keine klaren Chancen herausgespielt, waren zu ungeduldig“, klagte Torjägerin Charlotte Stapenhorst (23) vom Uhlenhorster HC. Spanien mög­licherweise, auch wegen des souveränen Siegs in der Gruppenphase, unterschätzt zu haben, wiesen alle vehement zurück. „Wir waren eher zu vorsichtig, weil wir wussten, wie ekelhaft die sein können. Das hat uns gehemmt“, sagte Stapenhorst.

    Rücktritte wird es keine geben, das Team bleibt zusammen und soll sich gemeinsam weiterentwickeln. Damit dies gelingt, fordert der Coach mehr gemeinsames Training. „Wir brauchen mehr Zeit zusammen. Alle anderen Nationen machen das so, daher müssen wir einen Weg finden, uns daran anzupassen“, sagte er. Die Leere, sie wird bald wieder gefüllt werden. Mit neuen Zielen, noch mehr Arbeit und dem Willen, 2020 in Tokio mindestens die Bronzemedaille von Rio 2016 zu bestätigen.

    WM-Viertelfinale: Irland – Indien i. P. 3:1 (0:0) , Argentinien – Australien i. P. 4:3 (0:0), Spanien – Deutschland 1:0, Niederlande – England.