Hamburg. Unterwegs mit Ballkindern,die ihren Ferienjob vor allem aus Liebe zum Tennis machen

    Schon seit einer Viertelstunde warten sie im Tunnel. Die Ballmädchen und -jungen wippen von einem Bein aufs andere. Ein Kribbeln schießt durch ihren Bauch, als Stadionsprecher Matthias Killing die Spieler auf den Platz bittet. Das bedeutet: Als nächstes sind sie dran, auf den Centre-Court am Rothenbaum zu marschieren. Eines der Ballkinder ist Matilda Brillert (16). Die Gymnasiastin steht in der linken Ecke an der Grundlinie, verschränkt die Arme hinter dem Rücken, fokussiert nur die gelbe Filzkugel, schaut selten ins Publikum. Wenn ein Ball in ihre Zone rollt oder der Spieler sein Handtuch verlangt, wird sie aktiv. „Es fasziniert mich, so nah an den Profis dran zu sein“, sagt die Hobbyspielerin aus Buxtehude, die seit drei Jahren in ihren Sommerferien für eine kleine Aufwandsentschädigung bei den German Open jobbt.

    56 Mädchen und Jungen im Alter von zwölf bis 17 Jahren werden in dieser Woche beim Turnier eingesetzt. Der Tag beginnt für sie mit einer Besprechung um 9.30 Uhr. Dann werden die Achtergruppen – sechs Ballkinder sind im Einsatz, zwei Ersatz – den Plätzen zugeteilt. Erfahrene wie Matilda werden auf dem Centre-Court gebraucht, Neulinge auf den Nebenplätzen mit weniger Fernseh- und Zuschauerpräsenz. Die erste Schicht beginnt um elf Uhr.

    „Es ist anstrengend, die Konzentration über einen langen Zeitraum aufrechtzuerhalten“, sagt Henry Bauer. Der 17-Jährige zählt ebenfalls seit drei Jahren zu den „stummen Dienern“, wie Ballkinder auch bezeichnet werden. „Die Position am Netz ist am anstrengendsten, weil man sich lange auf den Knien abstützt.“ Um die Jugendlichen zu entlasten, werden sie nach einer Stunde auf dem Platz von einer anderen Gruppe abgelöst. Anschließend pausieren sie rund 45 Minuten und haben Zeit zum Essen, ehe sie zurück auf den Court müssen.

    Ausgewählt haben die Ballkinder Kirsten (61), Nicola (32) und Alexander Roggenkamp (25). Seit zehn Jahren verantworten Mutter Kirsten und ihre beiden Kinder die Organisation. Rund 120 Teenager hatten sich in diesem Jahr beworben. Eine Vorabprüfung gibt es nicht. Entscheidend sind das Alter (je älter, desto besser), die Verfügbarkeit und die Begeisterung am Tennis.

    In Wimbledon beginnt die Vorbereitung der Ballkinder fünf Monate vorher mit drei Stunden Training pro Woche. Am Rothenbaum traf man sich einen Abend vor Turnierstart zu Einkleidung und Grundlagentraining. Am wichtigsten ist: den Ball flach und schnell rollen – und stumm dienen.