Hamburg.

    Er hatte sich in Rage geredet und bereute offenbar kurz danach schon seine Worte zumindest zum Teil. Ewald Lienen, seit einem Jahr Technischer Direktor beim FC St. Pauli und davor zweieinhalb Trainer des Millerntor­clubs, hatte am Donnerstagabend bei einer Talkrunde des Pay-TV-Senders Sky in der Kneipe Frau Möller in einem verbalen Rundumschlag den Deutschen Fußball-Bund (DFB), die Nationalmannschaft, insbesondere Bundestrainer Joachim Löw, die Fußball-Ausbildung in Deutschland und die angeblich viel zu jungen und unerfahrenen Trainer, denen schon eine zu große Verantwortung übertragen wird, kritisiert. Als Beispiel für den letzten Punkt führte er Domenico Tedesco (32) an.

    Dieser war im März 2017 beim Zweitligisten FC Erzgebirge Aue erstmals Cheftrainer eines Profiteams geworden. Schon vier Monate später sicherte sich der FC Schalke 04 seine Dienste. Unter Tedesco wurde das Team auf Anhieb Vizemeister hinter Bayern München und erreichte das Halbfinale des DFB-Pokals. Trotz dieses Erfolgs sagte Lienen bei der Talkrunde: „Nach einem halben Jahr in der Zweiten Liga ist der Bundesliga-Trainer. Dann macht er es wie Mourinho und stellt 18 Mann vor den Strafraum. Das ist der Tod des Fußballs.“

    Am Freitagmorgen bereits ruderte Lienen zurück. „Ich bin da weit über das Ziel hinaus geschossen und habe Domenico bereits meine Entschuldigung geschrieben, nachdem ich ihn telefonisch am Donnerstagabend nicht erreichen konnte“, erklärte der 64-Jährige. „Ich schätze Domenico und entschuldige mich für die Aussage in aller Form. Er hat sowohl auf Schalke als auch in Aue – und da haben wir es am eigenen Leib erfahren – im Profibereich herausragende Arbeit geleistet.“

    Mit der letzten Aussage spielte er auf die 0:1-Niederlage an, die der FC St. Pauli am 31. März 2017 bei dem von Tedesco trainierten Team von Erzgebirge Aue erlitten hatte. Damals fielen die St. Paulianer auf den 16. Platz zurück und mussten noch lange um den Klassenverbleib zittern.