München. Bayern-Boss Karl-Heinz Rummenigge rechnet mit dem DFB und Präsident Grindel ab

    Vom Sommerurlaub gebräunt stellte sich Karl-Heinz Rummenigge vor ein Abbild von Jupp Heynckes – dann setzte der Bayern-Boss zu einem beispiellosen Rundumschlag gegen den Deutschen Fußballbund an. „Mir fehlt die professionelle Handhabe der Krisensituation. Das wundert mich aber nicht, der DFB ist nur noch durchsetzt von Amateuren. Mir fehlt da die Fußballkompetenz“, sagte der 62-Jährige am Rande einer Ehrung für Heynckes in der Erlebniswelt des FC Bayern.

    Präsident Reinhard Grindel, ja die gesamte DFB-Führungsriege bekam für das Missmanagement bei der Aufarbeitung des historischen WM-Desasters ihr Fett weg. Einzig Bundestrainer Joachim Löw nahm Rummenigge von seiner Schelte aus. Dem Coach sei der DFB auch aufgrund des WM-Titels von 2014 „zur Dankbarkeit verpflichtet“, die Entscheidung, seinen Vertrag bis 2022 zu verlängern, richtig gewesen.

    Zu den Beratungen am Donnerstag in Frankfurt seien „die ganzen Landesfürsten eingeladen und dann offensichtlich mit viel Valium beruhigt worden. Aber das ist nicht der Ansatz, eine Krise zu bewältigen.“ Die Regional- und Landesverbände hatten nach einer Sitzung Nationalmannschaftsdirektor Oliver Bierhoff und Löw ihr Vertrauen ausgesprochen. Eine Rücktrittsforderung an Grindel, der seine Landespräsidenten per Mail zu öffentlichem Schweigen aufgefordert haben soll, stellt Rummenigge dennoch nicht. „Ich fordere nichts, ich stelle nur fest, dass beim DFB komplett Amateure das Geschehen übernommen haben.“ Der DFB müsse sich mehr „dem professionellen Fußball öffnen. Fußball-Deutschland interessiert das, was die Nationalmannschaft abliefert, und nicht die Amateurligen. Es ist eine Krise des DFB, und der DFB muss sich fragen, ob er in dieser Krise die richtigen Lösungsansätze sieht oder eben nicht. Ich bin da ein Stück zumindest irritiert, mit welchem Engagement man versucht, im Augenblick diese Dinge zu lösen.“

    Einer, der aus Rummenigges Sicht mehr Professionalität in den Verband bringen könnte, sei der ehemalige Nationalelfkapitän Philipp Lahm (34). Der DFB solle ihn für eine Rolle als Vizepräsidenten in Betracht zu ziehen. Auch das Verhalten in der Affäre um Mesut Özil, den Bierhoff und Grindel in die Position eines Alleinschuldigen brachten, kritisiert Rummenigge: „Özil als Sündenbock darzustellen: Sorry, das halte ich für weit überzogen.“ Rummenigge empfahl, sich bei der Aufarbeitung des Russland-Debakels an das Jahr 2000 zu erinnern. „Da hat Deutschland eine EM in den Sand gesetzt. Aber damals gab es einen Profi an der Spitze. Gerhard Mayer-Vorfelder hat sich mit den Verantwortlichen der Bundesliga hingesetzt, in erster Linie mit den Clubs, die Nationalspieler abgestellt haben, und dann schnell mit klugen Schachzügen die Kurve gekriegt.“ (sid)