Hamburg. Der Mittelfeldmann soll zu einem Gesicht des “neuen“ HSV werden. Er wartet auf einen Profivertrag und verdient wenig.

Auch wenn seine Mitspieler noch bis Donnerstag freihaben, ist Matti Steinmann schon am heutigen Mittwoch wieder für den HSV im Einsatz. Um 11 Uhr wird an den Landungsbrücken die MS „Hamburg“ des neuen Marketing-Partners Rainer Abicht Elbreederei in einem blau-weiß-schwarzen HSV-Anstrich enthüllt. Und Steinmann weiht das Luxus-Fahrgastschiff an der Brücke 10 mit einem Taufspruch ein. Die PR-Aktion untermauert den Status des 23 Jahre alten Mittelfeldspielers als neues Aushängeschild des Zweitligisten aus dem Volkspark.

Steinmann soll eines der Gesichter des Neuanfangs beim HSV werden. Der gebürtige Hamburger übernimmt immer häufiger die Rolle des Marketinggesichts, die zuvor insbesondere Dennis Diekmeier innehatte. Passend dazu hat Steinmann auch Diekmeier als Zimmerpartner von Ersatztorhüter Tom Mickel abgelöst. Seit dem Abgang des noch vereinslosen Diekmeiers braucht der HSV neue mediale Aushängeschilder.

Als einziger Kaderspieler ohne Profivertrag

Dass die Wahl dabei auf Steinmann fiel, überrascht insofern, als dass der Mittelfeldstratege als einziger Spieler des aktuellen Kaders keinen Profivertrag besitzt. Von den 26 Spielern, die im Trainingslager dabei waren, wartet neben Steinmann einzig A-Jugendtalent Jonas David auf einen Lizenzspielervertrag. Der 18 Jahre junge Abiturient soll allerdings im Laufe der Saison zwischen den Profis und der U 21 beziehungsweise der U 19 des Clubs pendeln. Steinmann hat sich dagegen in Bad Erlach als Führungsspieler etabliert. Noch immer aber trägt er den Status des Amateurs.

Dass sich daran etwas ändern soll, darüber sind sich Steinmann und der HSV bereits einig. Die Frage ist nur, wann? Als sich das Management des filigranen Ballverteilers in der Sommerpause an erste Vertragsgespräche herantasten wollte, vertröstete ihn Sportvorstand Ralf Becker damit, zunächst die neuen Kontrakte mit Lewis Holtby und Aaron Hunt abwickeln zu müssen. Inzwischen haben nicht nur Holtby und Hunt neue Arbeitspapiere unterzeichnet, auch die Talente Josha Vagnoman (17), Moritz Kwarteng (20) und Aaron Opoku (19), die allesamt in der Teamhierarchie hinter Steinmann stehen, wurden mit Profiverträgen ausgestattet. Auch in der U 21 finden sich mit Christian Stark, Patric Pfeiffer, Jonas Behounek oder Mats Köhlert Lizenzspieler.

"Als Leitspieler sehe ich mich noch nicht"

In Steinmanns Umfeld wächst die Ungeduld. Noch vor dem Auftakt am 3. August gegen Holstein Kiel soll Klarheit über seine Zukunft her und Steinmann für seinen Status in der Mannschaft auch finanziell entsprechend gewürdigt werden. Der Hamburger selbst äußert sich bescheiden über seine Rolle als Führungsspieler. „Als Leitspieler sehe ich mich noch nicht. Ich versuche dem Team so gut es geht zu helfen“, sagte Steinmann nach dem Test gegen Rapid Wien, in dem er nicht nur als Torschütze überzeugte.

Matti Steinmann über seine neue Rolle beim HSV

weitere Videos

    Der HSV weiß, was er an Steinmann hat. Wie das Abendblatt erfuhr, soll er spätestens im Oktober mit einem Profivertrag belohnt werden. Es wäre bereits das zweite Mal. Im Sommer 2014 hatte Steinmann als 19-Jähriger unter Sportchef Oliver Kreuzer schon einmal einen HSV-Profivertrag unterschrieben. Nach einem Kurzdebüt gegen Bayern München konnte sich der damalige U-20-Nationalspieler aber nicht durchsetzen.

    Weniger als 3 Prozent von Lasoggas Gehalt

    Es folgte eine unglückliche Leihstation in Chemnitz sowie ein einjähriges Engagement­ bei Mainz II, ehe Steinmann im Sommer 2017 zum HSV zurückkehrte – als Spieler der U 21 und als Teilzeitstudent. Seit Christian Titz im März zum Cheftrainer befördert wurde, ist Steinmann fester Bestandteil bei den Profis. Als Vertragsamateur zählt er zu den Geringverdienern des neu formierten Kaders. Er verdient weniger als 3 Prozent vom Gehalt seines Mitspielers Pierre-Michel Lasogga.

    Für die kommende Woche ist nun ein erster Austausch mit HSV-Sportchef Becker anvisiert. Fußballerisch ist Steinmann als zentrale Achse im System von Trainer Titz fest eingeplant. Sowohl gegen Wien als auch zuvor gegen ZSKA Moskau bestimmte er als erster Anspielpartner für die Verteidiger das Spieltempo und leitete viele Angriffe ein.

    „Was Matti auszeichnet, ist diese Ruhe in Drucksituationen. Ich bin froh, dass wir ihn haben. Innerhalb der Mannschaft hat sein Wort Gewicht, weil er eine vernünftige, ruhige Meinung hat“, sagte Titz, der sich wünscht, dass Steinmann auch verbal eine dominante Rolle einnimmt. Gegen Moskau war das bereits zu hören, als er Youngster Stephan Ambrosius nach einem schlampigen Pass zurechtstutzte. „Gerade auf der Sechserposition braucht man einen Spieler, der mal lauter wird. Auf dieser bei uns strategisch wichtigen Position werden die Kommandos gegeben“, so Titz.

    Als Taktgeber im Zentrum hat Steinmann momentan die Nase vorn. Im Vergleich zu Neuzugang Christoph Moritz weiß er genau, was der Trainer auf dieser Position verlangt. „Ich weiß, wie das System funktioniert, und kenne die Jungs gut“, sagt Steinmann. Dass der HSV den Hamburger Jung zum neuen Gesicht des Clubs aufbauen will, zeigt seine Anwesenheit bei der Taufe der MS „Hamburg“. Ein Profivertrag als weiterer Beleg der internen Wertschätzung soll bald folgen.