Hamburg. Geschätzte 250.000 Zuschauer sorgten in der City beim 17. Hamburg Wasser World Triathlon wieder für eine einmalige Atmosphäre

    Als Oliver Schiek am Sonntagmorgen gegen 6.30 Uhr auf dem Rathausmarkt stand, ein paar Schritte ging und seinen Blick über die Binnenalster schweifen ließ, hatte der Managing Director der Ironman Germany GmbH bereits ein großartiges Gefühl angesichts der Ereignisse, die da an diesem Tag noch kommen würden. Schon am Sonnabend hatten bei bedecktem Himmel und trotz des Schlagermoves im benachbarten Stadtteil St. Pauli geschätzte insgesamt 120.000 Menschen den ganzen Tag über den 17. Hamburg Wasser World Triathlon vor Ort verfolgt, jeden Athleten gefeiert und am Abend den zweiten Platz der Potsdamerin Laura Lindemann (siehe Text unten) lautstark bejubelt. Am Sonntag mit der Mixed-Staffel-Weltmeisterschaft waren es wohl noch ein paar Tausend mehr.

    Die Sonne strahlte, die Tribünen an der himmelblauen Wechselzone auf dem Rathausmarkt waren wieder bis auf den letzten Platz besetzt, die Zuschauer schrien, klatschten, feuerten jeder Finisher auf ihren letzten Metern zur obligatorischen Medaille an, und am Ende des Tages sagte Schiek, der aus Freiburg im Breisgau kommt, mit Dankbarkeit und Respekt: „Hamburg hat als Sportstadt wieder mal eine starke Visitenkarte abgegeben.“ Mit 10.000 Teilnehmern in den verschiedenen Jedermann-Rennen und -Staffeln ist der Hamburger Dreikampf der größte der Welt, oder wie es bei den ausländischen Athleten anerkennend heißt: „The Biggest Tri“.

    „Umkehren wäre jetzt auch blöd.“ Der Satz, der in großen Lettern über dem Zieleinlauf des Triathlons prangte, dürfte vielen Hobbyathleten die nötige Motivation für die finalen Meter ihres persönlichen Wettkampfes gegeben haben; kein Wettstreit gegen andere eben, einer gegen sich selbst, gegen den inneren Schweinehund. Fast alle bestanden ihn. Die Ausfallquote blieb marginal.

    Auch Grünen-Bürgerschaftsfraktionschef Anjes Tjarks, der sagt, „Sport ist die DNA meines Lebens“, kam mit einem Lächeln ins Ziel. Seine respektable Zeit bei seinem Debüt auf der olympischen Distanz: 2:48:43 Stunden. Sechs Teilnehmer mussten nach Unfällen in die umliegenden Krankenhäuser gefahren werden, alle konnten sie die Kliniken nach ärztlicher Versorgung relativ schnell wieder verlassen.

    Ein Teilnehmer wiederum sorgte für ziemlich viel Aufregung. Er war am Ballindamm frustriert aus der Alster gestiegen, spazierte mit seinem Chip am Fuß ins Hotel, meldete sich aber nicht ab. Weil sein Transponder keine Zwischenzeiten anzeigte, fürchtete seine besorgte Frau, er sei beim Schwimmen untergegangen, forderte mit Nachdruck („Ich arbeite für RTL!“) Nachforschungen. Irgendwann meldete sich der Gatte frisch geduscht aus der Herberge.

    Angenehme 22 Grad Celsius sorgten dafür, dass ein Großteil der Strecke von lautstarken Unterstützern gesäumt wurde. „Seit 2006 sind wir jetzt jedes Jahr dabei. Es ist toll zu sehen, dass Menschen wie du und ich zu solchen Leistungen fähig sind. Da feuere ich gerne an!“, sagte Hannelore (71) aus Uhlenhorst. Sogar das Sicherheitspersonal ließ sich von der Stimmung anstecken. „Eigentlich bin ich Fußballer, aber ich überlege ernsthaft, ob ich nicht kommendes Jahr mitmachen sollte. Die Atmosphäre ist unglaublich, und es ist toll, hier ein Teil des Ganzen zu sein“, sagte Eren (24), der am Neuen Wall die Passanten über die Straße ließ. Ein perfekter Triathlon-Einstieg wäre das Mitwirken in einer Staffel, in der sich drei Sportler die Disziplinen Schwimmen, Radfahren und Laufen teilen; mit offenbar nachhaltigem Effekt: 30 Prozent der Staffelstarter melden sich im Jahr danach für einen Einzelwettbewerb an.

    Am Rathausmarkt sorgte eine brasilianische Trommelgruppe in Kombination mit dem Publikum für den perfekten Soundtrack. „Ich bin schon mehrere Amateur-Wettkämpfe auf der ganzen Welt mitgelaufen, aber die Stimmung in Hamburg ist einfach einmalig. Die Zuschauer tragen dich ins Ziel“, sagte Jorge (45), der am Vorabend aus San Sebastian (Spanien) anreiste und seinen Wettkampf in zweieinhalb Stunden absolvierte. Obwohl Namen und Zeiten der Teilnehmer über der Ziellinie aufleuchteten, zählte für die meisten nur das Ankommen. „Mein Ziel war es, vor Beginn des WM-Finales wieder im Hotel zu sein, damit ich nachher Griezmann und Co. sehen kann“, erzählte Thomàs aus Avignon, der sich für die letzten Meter eine französische Fahne über die Schultern legte – und sie später vor dem Fernseher, wie er sagte, nicht mehr abnehmen wollte. Nach dem WM-Sieg seiner Franzosen twitterte er: „Ein perfekter Tag für mich und unsere Nation.“ Und dann versprach er noch: „Hamburg, ich komme wieder!“