Essen. Der deutsche Sport trauert um den fünfmaligen Olympiasieger Hans Günter Winkler – legendärer Sieg 1956

    Vor zwei Jahren sagte Hans Günter Winkler vor seinem 90. Geburtstag noch: „Ich gehe davon aus, dass ich noch fünf Jahre habe. Ich habe mich vom Arzt durchchecken lassen, bin gesund.“ Zwei Wochen vor seinem 92. Geburtstag ist der erfolgreichste deutsche Springreiter nach einem Herzstillstand in der Nacht zu Montag verstorben.

    „Vor wenigen Wochen hat Hans Günter Winkler noch beim Turnier in Balve auf der Tribüne gesessen. Da hat man gesehen, wie beliebt er war. Die Zuschauer haben ihn gefeiert“, erinnert sich Otto Becker, der Bundestrainer der deutschen Springreiter. „Er wäre noch gern zum CHIO nach Aachen gekommen, das am Freitag beginnt. Aachen war doch sein Wohnzimmer. Sein Tod ist ein großer Verlust für den deutschen Sport. Seine Erfolge sprechen für sich. Er hat sich auch immer vorbildlich für den Nachwuchs eingesetzt.“

    HGW, wie Winkler in der Reitszene voller Respekt genannt wurde, hat bei Olympischen Spielen so viele Medaillen gewonnen wie kein anderer Springreiter auf der Welt. Olympia war der Traum seines Lebens. Die Zahl 5 hatte eine besondere Bedeutung wie die fünf olympischen Ringe. Sechsmal ist er bei Olympischen Spielen geritten, fünf Goldmedaillen hat er gewonnen. Hinzu kommen eine Silber- und eine Bronzemedaille, bei Weltmeisterschaften gewann er zwei Titel. Wer so viel gewinnt, wird wegen der Außergewöhnlichkeit der Erfolge eine Legende genannt. Winkler hat die Beschreibung mit Leben gefüllt. Er war eine außergewöhnliche Persönlichkeit. Nicht nur auf dem Turnierplatz.

    Die Geschichte des Hans Günter Winkler ist auch ein Märchen, geschrieben von Mensch und Tier. Wer über Winkler spricht, kommt auf Halla, sein einzigartiges Pferd. Ein Wunder auf vier Beinen, eine Mischung aus tierischem Genie und irrer Zicke. Experten hatten die Stute als turnieruntauglich bewertet, aber Winkler war ein Pferdeversteher, der die Stute mit dem eigenen Kopf perfekt über die Hindernisse führte.

    Und einmal führte Halla sogar den Reiter Winkler über den Parcours. Die Geschichte des 17. Juni 1956 hat Winkler unendliche Male erzählt – und er tat es gern. Bei den Olympischen Reiterspielen in Stockholm verletzte sich Winkler an diesem Tag an der Leiste, er litt höllische Schmerzen und war nach menschlichem Ermessen kaum noch in der Lage, zur entscheidenden Prüfung anzutreten. Aber es ging ja um den Olympiasieg, um Gold für ihn und auch für die deutsche Mannschaft. Winkler ließ sich erst eine Spritze geben und dann in den Sattel helfen. Halla meisterte die Hindernisse im Alleingang. Winkler konnte sie kaum unterstützen, weil er nur im Unterbewusstsein mitgeritten ist. Das Ergebnis: null Fehler, Gold. Ein Sport-Märchen.

    „Halla war eine kleine Zicke. Aber ich hatte das richtige Gefühl für sie. Ich wusste immer mit Frauen umzugehen – und ich wusste mit schwierigen Pferden umzugehen“, sagte Winkler einmal. Viermal war Winkler verheiratet. Durch die vielen Reisen sei es nicht einfach gewesen. Einen Schicksalsschlag erlitt der Wuppertaler am 21. Februar 2011, als seine vierte Ehefrau Debby, eine US-Amerikanerin, drei Tage nach einem Reitunfall im Alter von nur 51 Jahren verstarb.

    Seine Karriere beendete Winkler 1986 in Aachen, wo er auch dreimal den Großen Preis gewann. Bis zu seinem Tod lebte Winkler in der Reiterstadt Warendorf und blieb der Szene eng verbunden. Ludger Beerbaum erinnert sich: „Bis ins hohe Alter haben wir Pferdegeschäfte miteinander gemacht. Es war nicht einfach, mit ihm zu feilschen.“