Wie die Zeit vergeht: Auf den Tag ein Monat ist es her, dass ich am Flughafen Scheremetjewo in Moskau angekommen war, von wo aus es nach den Viertelfinals nun wieder zurück gen Heimat ging. Zwischen diesem 8. Juni und 8. Juli lagen 14 Flüge zu neun Spielen in fünf Städten. Ein konstanter Wechsel zwischen Traum und Alptraum. Unzählige Begegnungen, die das Herz zum Lachen brachten. Und einige Momente, an denen man nur nach fluchen konnte. Wenn ich eines während dieser Weltmeisterschaft in Russland gelernt habe, dann, dass es zwischen schwarz und weiß auch noch unendlich viele Grautöne gibt.

    Die große Kunst war es, in den vergangenen Wochen das Herz zu öffnen – und die Augen nicht zu verschließen. Die hervorragend organisierte Weltmeisterschaft ist wahrscheinlich Wladimir Putins größte Propagandashow aller Zeiten – und doch darf man guten Gewissens zugeben, dass einen Land und Leute positiv überrascht haben. Schön ist, dass man zwischen den langen Reisen von A nach B ein gegenseitiges Verständnis füreinander bekommen hat, wovon man auf höchster politischer Ebene wohl nur träumen kann. Weniger schön ist, dass es wohl ein naiver Wunschtraum bleibt, dass man grundlegende Dinge im Land durch eine WM ändern könnte.

    Doch weil das leider so ist, muss man sich bei aller Verzückung immer den kritischen Blick aufs große Ganze bewahren. Denn nach der WM ist vor der WM. Und die nächste Weltmeisterschaft findet in Katar statt.

    Doch bevor also fehlende Bürgerrechte und katastrophale Arbeitsbedingungen in dem Wüstenstaat in den Vordergrund rücken, sollte man sich in dieser letzten Kolumski noch einmal höflich von Russland verabschieden. Spassiba i do svidaniya. Danke und auf Wiedersehen.​