Bad Erlach. Mit dem Trainingslager in Österreich beginnt die wichtigste Phase der HSV-Vorbereitung. Stürmer Wood wechselt nach Hannover

    Mit dem Mountainbike machten sich die 26 HSV-Spieler am Sonntagnachmittag auf den Weg vom Teamhotel Linsberg Asia zum Trainingsplatz des SV Bad Erlach. Für eine Woche wird sich der Hamburger Zweitligist in Niederösterreich 70 Kilometer südlich von Wien auf die neue Saison vorbereiten. Vier Trainingswochen hat der HSV noch Zeit bis zum Saisonstart gegen Holstein Kiel am 3. August. Vier Wochen, in denen Trainer Christian Titz und Sportchef Ralf Becker vier große Schwerpunkte bearbeiten müssen.

    Kaderzusammenstellung: Fast acht Wochen hat der HSV noch Zeit, um auf dem Transfermarkt tätig zu werden. Titz sieht den Kader mit den fünf Neuzugängen bereits jetzt nahezu komplett aufgestellt. Und auch auf der Seite der Abgänge kommt Becker voran. Nach dem vollzogenen Transfer von Alen Halilovic zum AC Mailand wird zum Wochenstart ein weiterer Wechsel offiziell. Bobby Wood schließt sich Hannover 96 an. Der US-Stürmer wird für ein Jahr an die Niedersachsen verliehen. Hannover zahlt eine geringe siebenstellige Leihgebühr, übernimmt das Gehalt und sichert sich zudem eine Kaufoption. Der HSV kann damit eine wichtige Baustelle schließen. Wood hatte intern sehr deutlich gemacht, dass er auf die Zweite Liga keine Lust habe.

    Ebenfalls nicht in Österreich dabei sind die Verkaufskandidaten Kyriakos Papadopoulos, Mergim Mavraj und Batuhan Altintas sowie Testspieler An­dreas Ivan. Titz hätte den 23-Jährigen zwar gerne dabeigehabt, der Offensivspieler entschied sich aber nun für einen Wechsel zu Red Bull New York.

    Verstärkung wünscht sich Titz noch im zentralen Mittelfeld als Alternative zu Aaron Hunt oder Lewis Holtby. Ein Spieler mit Wucht soll es sein. Ein Transfer wird aber wohl erst gegen Ende der Transferperiode klappen. Bis dahin müsste zunächst die Zukunft der WM-Fahrer Filip Kostic und Albin Ekdal geklärt werden. Beide Nationalspieler sollen dem Club notwendige Transfersummen einbringen. Für den Schweden Ekdal mehren sich nach der guten WM die Anfragen.

    Spielsystem: Der größte Schwerpunkt in Österreich liegt für Titz im Erarbeiten der taktischen Varianten. Beim 1:5 gegen Aarhus offenbarte sein auf Spielkontrolle ausgelegtes System zuletzt eine hohe Konteranfälligkeit. Das Spiel erinnerte an den Auftritt der deutschen Nationalmannschaft bei der WM gegen Mexiko. Ohne offensive Lösungen bei Ballbesitz, ohne Absicherung bei Ballverlust. Wie Titz das Problem lösen will? „Wir müssen verstärkt an unserem Anlaufverhalten gegen den Ball arbeiten.“

    Zudem gehe es darum, das Spiel zwischen den Linien des Gegners zu verbessern. „Weil wir wissen, dass wir in der Zweiten Liga häufig auf tief­stehende Teams treffen werden“, sagt Titz. Körperlich sieht der Chefcoach seine Mannschaft in einem guten Zustand. In der Woche nach dem Trainingslager beim Turnier in Meppen soll die HSV-Mannschaft körperlich und spielerisch bereits dicht am Toplevel angelangt sein. In Österreich wird Titz die Testspiele am Mittwoch in Drassburg gegen ZSKA Moskau (18 Uhr) und am Sonnabend bei der Saisoneröffnung von Rapid Wien (19 Uhr) nutzen, um Varianten auszuprobieren.

    Hierarchie: In Bad Erlach will Titz als zweiten Schwerpunkt an der Teamstruktur arbeiten. Eine klare Hierarchie hat sich in der Mannschaft mit seinen fünf Neuzugängen und den vielen Talenten aus dem eigenen Nachwuchs bislang noch nicht herauskristallisiert. „Die Mannschaft muss sich als Gruppe finden“, sagt Titz. Dazu hat der HSV verschiedene Aktionen geplant. An diesem Montag wird es im Teamhotel Linsberg Asia den traditionellen Fanabend geben. Am Donnerstagnachmittag steht eine teambildende Maßnahme auf dem Programm, voraussichtlich ein Naturerlebnis in den Tiroler Alpen.

    Möglicherweise wird der HSV in dieser Woche auch schon den neuen Kapitän verkünden. Titz würde eigentlich gerne auf die Rückkehr des bisherigen Kapitäns Gotoku Sakai warten. Doch der Japaner wird nach der WM erst in zwei Wochen wieder zum Team stoßen. Dem Mannschaftsrat werden neben Sakai die Ex-Nationalspieler Lewis Holtby und Aaron Hunt sowie Gideon Jung, Tom Mickel und Christoph Moritz angehören. Aus diesem Sextett wird die Mannschaft den neuen Kapitän wählen.

    Erwartungshaltung: Der HSV wird neben dem 1. FC Köln als klarer Aufstiegsanwärter in die Saison starten – allein schon aufgrund des höchsten Mannschaftsetats der Liga, der jetzt mehr als 30 Millionen Euro beträgt. Mit diesem finanziellen Aufwand ist der HSV zum Aufsteigen verdammt, das können auch die sportlichen Verantwortlichen nicht von sich weisen. „Natürlich wollen wir wieder hoch“, sagte Sportvorstand Becker am Sonntag. Ein Erfolgsdruck, mit dem die Mannschaft in der Zweiten Liga erst einmal umgehen muss. Trainer Titz will seine Spieler deswegen in Teamarbeiten auf diese spezielle Erwartungshaltung einstellen. Die Mannschaft soll etwa erarbeiten, was es bedeutet, als Favorit in eine Saison zu starten und mit dem Druck in die Spiele zu gehen, sie gewinnen zu müssen.

    In diesem Bereich soll auch der neue Co-Trainer Maik Goebbels (41) neue Ideen aus dem Bereich des Mentaltrainings in die Mannschaft bringen. Für den bisherigen Teampsychologen Christian Spreckels ist bei den Profis daher vorerst kein Platz mehr. „Ich sehe unser Trainerteam jetzt ausreichend aufgestellt“, sagte Becker am Sonntag.