Dass Reisen in Russland ein Abenteuer für Fortgeschrittene ist, dürfte Lesern dieser Kolumski bereits aufgefallen sein. Hauptproblem der weiten, anstrengenden und meist nächtlichen Überwindungen von A nach B ist die russische Zentralisierung. Alle Wege führen nach Moskau – vor allem dann, wenn diese Wege keinen Sinn ergeben. Bestes Beispiel: Es gab keine direkte Möglichkeit (Zug, Flugzeug, Ochsenkarre), die 350 Kilometer zwischen Samara und Kasan in angemessenem Zeitfenster zu bewältigen, sodass man von Samara 1000 Kilometer in Richtung Westen nach Moskau fliegen musste, dann von Moskau 800 Kilometer zurück in Richtung Osten nach Kasan. Das wäre in etwa so, als wenn man von Hamburg nach Paris fliegen würde, um auf dem schnellsten Weg nach Berlin zu kommen.

Nun denn. Irgendwann gewöhnt man sich daran. So ging es auch nach dem Viertelfinale zwischen Brasilien und Belgien noch in der Nacht nach Sotschi – natürlich via Moskau. Also um drei Uhr morgens von Kasan nach Moskau, umsteigen und dann weiter nach Sotschi. Voraussichtliche Ankunft: An diesem Sonnabend um zwölf Uhr mittags. Neun Stunden im Flugzeug (und am Flughafen) für 2000 Kilometer.

Doch weil man von diesem nächtlichen Reisen gar nicht genug bekommen kann, geht es in der Nacht zum Sonntag direkt wieder weiter. Um 4.10 Uhr von Sotschi nach – Trommelwirbel – natürlich Moskau. Voraussichtliche Ankunft um 6.30 Uhr in aller Herrgottsfrühe.

An dieser Stelle bitte ich meine Frau schon einmal um Entschuldigung, wenn sie mich das nächste Mal zum Bäcker schickt – und ich zunächst einmal einen Zwischenstopp in Moskau einlege.​