Samara.

    Für die Weltmeisterschaft ließ Jordan Pickford sogar sein Idol hinter sich. In Russland lief Englands Nationaltorhüter erstmals nicht mit seiner angestammten Rückennummer 19 auf, sondern mit der Eins. Vielleicht, weil er erst kurz zuvor zum Stammkeeper befördert wurde; vielleicht aber auch, weil er es bei der WM weiterbringen will als der von ihm verehrte Paul Gascoigne. Die „Three Lions“-Legende trug seinerzeit die 19, erreichte 1990 aber „nur“ das Halbfinale. Pickford aber will mehr.

    Der 24-Jährige mag zwar der jüngste und zweitkleinste Torhüter des Turniers sein (24, 1,85 Meter), hat dafür aber das größte Selbstvertrauen. „Es kommt darauf an, in diesem einen Moment da zu sein“, sagt er ohne falsche Bescheidenheit, „und ich war da.“ Im Elfmeterschießen des Achtelfinals gegen Kolumbien parierte er den vierten Versuch der Südamerikaner und war so ein Hauptverantwortlicher für das Weiterkommen.

    Die quälenden Jahrzehnte, in denen die Schlussmänner stets zu den englischen Sorgenkindern zählten, sind offenbar vorüber. Vor dem Viertelfinale gegen Schweden (Sonnabend, 16 Uhr/ARD und Sky) ruhen die Hoffnungen nicht zuletzt in Pickfords Händen. Und in seinen Füßen. Denn der Keeper glänzt nicht nur durch seine grandiosen Reflexe, sondern auch durch präzise Pässe und Abschläge. „Es ist, als würde man einem guten Mittelfeldspieler zusehen“, hat sein Ex-Coach David Moyes einmal gesagt. Ein Ausnahmekönnen, das dem FC Everton vergangenes Jahr rund 34 Millionen Euro wert war.

    Den Vergleich mit den Granden seiner Zunft scheut Pickford trotz seiner erst sieben Länderspiele nicht. „David de Gea ist der Beste“, sagt er, „aber so weit wie er vor ein paar Jahren bin ich jetzt auch.“ Und während der Spanier bei der WM eher enttäuschte, hat sich Pickford in England zum neuen Nationalhelden aufgeschwungen. Seine Glanztat im Elfmeterschießen hatte dabei nichts mit dem Aberglauben an Rückennummern zu tun, sondern mit guter Vorbereitung. Die bevorzugten Ecken von Kolumbiens Schützen hatte er sich auf seiner Trinkflasche notiert. Ein Trick, der funktionierte. Paul Gascoigne dürfte stolz auf ihn gewesen sein.

    Schweden: 1 Olsen – 16 Krafth, 3 Lindelöf, 4 Granqvist, 6 Augustinsson – 17 Claesson, 8 Ekdal, 7 Larsson, 10 Forsberg – 20 Toivonen, 9 Berg. England: 1 Pickford – 2 Walker, 5 Stones, 6 Maguire – 12 Trippier, 20 Alli, 8 Henderson, 7 Lingard, 18 Young – 10 Sterling, 9 Kane. Schiedsrichter: Kuipers (Niederlande).