Hamburg. „Aufsteiger“ gewinnt Seejagdrennen. Tod zweier Pferde überschattet Derby. Renn-Club-Chef Wahler sieht keine Versäumnisse beim Geläuf

    Es genügte ein Blick in das Gesicht von Eugen-Andreas Wahler, um zu erkennen, dass ihm die tragischen Unfälle vom Vortag noch immer schwer im Magen lagen. Leicht fiel es dem Chef des Hamburger Renn-Clubs (HRC) nicht, darüber zu sprechen. Zum ersten Mal seit drei Jahren sind beim Galopp-Meeting in Horn wieder Pferde ums Leben gekommen. Am Mittwoch hatte sich Molly Moon im siebten Rennen ebenso einen Bruch in der Hinterhand zugezogen wie Tabanike zuvor im fünften. Drei Tierärzte untersuchten die verletzten Tiere, kamen aber zu dem Entschluss, dass es keine Chance auf Heilung gab, sodass beide Pferde noch auf der Rennbahn eingeschläfert werden mussten.

    Die Entscheidung wurde in Absprache mit dem Besitzer einvernehmlich getroffen. Das Geläuf war nach Angaben der Veranstalter nicht der Grund für die tragischen Unfälle. Gerade wenn es besonders trocken und schnell ist, kann es passieren, dass unter der Belastung ein Haarriss in den Knochen entsteht. Da ein Pferd nicht sofort zum Stehen kommt – es ist vollgepumpt mit Adrenalin – läuft es instinktiv weiter, sodass aus einem kleinen Riss schnell ein Splitterbruch werden kann. „Ein tragisches Unglück. So etwas kann leider passieren. Egal ob auf Rasen, auf Sand, beim Galopp oder im Hindernisrennen. Unser Geläuf ist in einem hervorragenden Zustand“, erklärte Wahler. Später wurde bekannt, dass der Trainer der beiden toten Pferde, Roland Dzubasz vom Rennstall Hoppegarten, im Training ein drittes Tier mit Beinbruch verloren hat.

    Am Donnerstag kamen alle Pferde gesund ins Ziel. Besonderes Interesse lag auf dem traditionellen Seejagdrennen. Eigens dafür reiste Reinhard Grindel nach Hamburg. Der 56-Jähirge kehrte an jenen Ort zurück, den er eigentlich für immer meiden wollte, wie er launig erzählte. Der Präsident des Deutschen Fußball-Bundes erinnerte sich an einen Besuch vor mehr als zwanzig Jahren. Alles deutete damals darauf hin, dass seine Außenseiter-Dreier-Wette eintraf, er sich über einen hohen fünfstelligen Gewinn freuen konnte. Doch am vorletzten Hindernis warf es einen Jockey aus dem Sattel. Aus der Traum vom großen Geld. „Danach bin ich dann grußlos von der Bahn verschwunden und wollte nie wieder kommen“, scherzte der gebürtige Hamburger, der als Student häufig auf der Galopprennbahn war.

    Sein Seejagdrennen-Trauma scheint er jedenfalls überwunden zu haben. Grindel, der mit seinem Sohn nach Hamburg gekommen war, zog es doch wieder an den Wettschalter. Und zumindest sein Tipp Aufsteiger wurde unter Jockey Benjamin Gelhay Dritter. Das mit 14.000 Euro dotierte spannende Rennen gewann Peintre Elusif, geritten von Jan Faltejsek vor Icarium mit Jockey Jiri Kousek. „Es war schön, mal an etwas anderes zu denken als immer nur Fußball. Ich wollte meinem Sohn mal die Rennbahn zeigen“, sagte Grindel, der die Reise auch als kurze Auszeit für sich nutzte. Die Aufarbeitung des historischen Vorrunden-Aus bei der WM ist in vollem Gange. „Die Anspannung wird nicht nachlassen. Wir müssen jetzt an der Analyse arbeiten, wie es so weit kommen konnte. Ich reise jetzt nach Russland, schaue mir als Mitglied im Fifa-Council die Halbfinals und das Endspiel an. Deshalb kann ich auch nicht am Sonntag beim Derby sein“, sagte Grindel.

    Der Fußball-Funktionär war nicht der Einzige, den es auf die Rennbahn gezogen hatte. Mit Bernd Wehmeyer waren fünf HSV-Profis sowie Co-Trainer André Kilian gekommen, um zu wetten und zu entspannen, darunter Rick von Drongelen sowie die Neuen David Bates und Christoph Moritz.

    Wettumsatz entsprichtnicht den Hoffnungen

    Das Zwischenfazit der Derbywoche fiel indes überschaubar aus. Nach vier Renntagen bei Sommerwetter und einem Frühstücksrenntag am Donnerstagmorgen betrug der Wettumsatz 1.010.545 Euro. Im Vergleich zum Vorjahr bei chaotisch schlechtem Wetter fast identisch „Ich hätte gehofft, dass wir zum jetzigen Zeitpunkt auf 1,2 Millionen Euro gekommen wären“, sagte Hans-Ludolf Matthiessen, neben Mäzen Albert Darboven stellvertretender Vorstand. „Deshalb macht mich der Umsatz etwas nachdenklich. Wir liegen im unteren Bereich unseres Plans.“ Bis zum Ende des Meetings, das am Sonntag mit dem 149. Deutschen Derby seinen Höhepunkt haben wird, soll der Umsatz knapp 2,7 Millionen Euro betragen. „Das ist noch erreichbar. Der Derbysonntag macht rund 35 Prozent des Gesamtvolumens aus“, erklärte Matthiessen. Allein das Hauptrennen soll 400.000 Euro Umsatz einspielen. „Alles darunter wäre eine Enttäuschung. Ich erwarte, dass wir knapp unter einer halben Million liegen.“ 7500 Besucher am Donnerstag machten ein wenig Mut.

    Der ehemalige Banker machte keinen Hehl daraus, dass die finanzielle Situation nicht rosig ist: „Ich würde sagen, dass es zwischen angespannt und sehr angespannt ist“, sagte er. Vor allem die Fixkosten wie Security, Catering und Personal sind schwer zu refinanzieren. „Bevor hier das erste Rennen startet, fallen schon Kosten zwischen 400.000 Euro und einer halben Million an.“ Auch deshalb hoffen die Verantwortlichen, dass zeitnah eine Doppelrennbahn mit den Trabern entsteht. Ende des Monats soll die Machbarkeitsstudie ausgewertet sein. Durch die Gründung einer Betreibergesellschaft würde der Rennclub die Kosten nicht mehr alleine tragen. „Wir haben in diesem Jahr einen gemeinsamen Galopp-und Traberrenntag ausgerichtet. Auch als Signal nach außen. Ein Mosaikteilchen mit Blick auf die Zukunft.“