St. Petersburg. Schweden erreicht mit einem 1:0 gegen die Schweiz erstmals nach 24 Jahren wieder ein WM-Viertelfinale

    Emil Forsberg wollte erst einmal für sich sein. Eine halbe Minute lang stand er nach dem Triumph, den er mit seinem Treffer erst möglich gemacht hatte, allein auf dem Rasen. Um ihn herum saßen elf Schweizer niedergeschlagen auf dem Boden, und an ihm vorbei hüpften seine schwedischen Mitspieler. Forsberg genoss still: Das 1:0 (0:0) über einen viel höher eingeschätzten Gegner, den Einzug ins Viertelfinale einer Fußball-WM, der erste nach 24 Jahren – den Sieg einer unbeugsamen Mannschaft. „Das ist der bisher größte Moment meines Lebens“, jubelte der 26-Jährige.

    „Ich fühle mich fantastisch, wir wussten, dass es hart wird, wir wussten aber auch, dass wir es schaffen können“, sagte der schwedische Torhüter Robin Olsen, der beim 1:2 durch den Last-minute-Freistoß von Toni Kroos im zweiten Vorrundenspiel gegen Deutschland unglücklich ausgesehen hatte, diesmal aber den Sieg festhielt. Auch Forsberg machte sich in St. Petersburg noch mal um den Erfolg verdient, als er einen Kopfball des eingewechselten Schalkers Breel Embolo vor der Torlinie wegschlug (80.).

    Forsberg, nach dem Rücktritt von Zlatan Ibrahimovic die offensive Säule der Nationalmannschaft, hatte bei seinem Siegtreffer Glück (66.). Torhüter Yann Sommer von Borussia Mönchengladbach war ohne Chance, weil Manuel Akanji von Borussia Dortmund den Ball unhaltbar abfälschte. Es sprach für die Schweden, dass sie nach dem ersten Jubel fast geschlossen zum Unglücksraben gingen, um ihn zu trösten.

    Bei der WM 1994 wurde Schweden Dritter

    Für die Schweden, in der Weltrangliste als 24. deutlich hinter der Schweiz (6.) geführt, ist es der erste Einzug in die Runde der letzten acht seit der Weltmeisterschaft 1994 in den USA. Damals war die Elf um Torhüter Thomas Ravelli, Martin Dahlin, Tomas Brolin, Henrik Larsson und Patrik Andersson bis ins Halbfinale vorgedrungen, belegte nach einer 0:1-Niederlage gegen Brasilien Rang drei nach einem 4:0 gegen Deutschland-Bezwinger Bulgarien.

    Der Schuss von Forsberg traf die Schweizer mit ihren elf Spielern aus der Bundesliga im Kader ins Mark. „Heute hat die bessere Mannschaft verloren. Wir haben alles probiert, wir waren besser, stabiler in den Zweikämpfen. Aber ein Tor hat gefehlt“, behauptete der ehemalige Hamburger Johan Djourou. Tatsächlich fielen die spielerisch besseren Schweizer vor allem mit ihrer Einfallslosigkeit auf: Sie waren überlegen, kamen gegen die rustikalen Schweden indes kaum zu Torchancen.

    Die Schweiz musste die letzten Sekunden in Unterzahl bestreiten, weil der künftige Mönchengladbacher Michael Lang gegen Dirk Nowitzkis Schwager Martin Olsson die Notbremse gezogen hatte (90.+3). Die Eidgenossen vergaben ihre große Chance auf den ersten Einzug in die Runde der letzten acht seit ihrer Heim-WM 1954. „Wir waren vorne nicht so gefährlich, wie wir es uns vorgenommen hatten, aber manche Situationen müssen wir besser ausspielen“, sagte der Hoffenheimer Steven Zuber.

    Hinten stand bei den Schweden aber auch wie üblich der „Baum“, was aber diesmal dann doch eine Besonderheit war. Sofie, Ehefrau von Anders Granqvist, erwartet das gemeinsame zweite Kind, der errechnete Geburtstermin war der Spieltag des Achtelfinales. Und zur großen Erleichterung aller Schweden hatte Frau Granqvist sogar darauf gedrängt, dass der Kapitän bei der Mannschaft bleiben solle. Das wird er nun noch ein wenig länger.

    Schweden setzte wie schon gegen Deutschland auf Konter, wirkte dadurch weitaus zielgerichteter – und hatte die besseren Chancen. Der ehemalige Hamburger Marcus Berg zwang Sommer im Schweizer Tor zu einer Glanzparade (28.), wenig später wäre dieser chancenlos gewesen, Albin Ekdal vom Hamburger SV brachte es aber fertig, den Ball aus fünf Metern unbedrängt übers Tor zu schießen (41.).

    Die Schweiz besaß ihre erste gute Gelegenheit kurz zuvor (38.), als Blerim Dzemaili einen Gewaltschuss abgab, der Ball allerdings am Tor vorbeiflog – Ausdruck mangelnder Schweizer Effizienz. Schweden hatte seltener den Ball, wirkte aber bis zur Schweizer Schlussoffensive bissiger und gefährlicher. Davon abgesehen war das Spiel eine äußerst zähe Angelegenheit, ganz im Sinne der Schweden.

    Schweden: Olsen – Lustig (82. Krafth), Lindelöf, Granqvist, Augustinsson – Svensson, Ekdal – Claesson, Forsberg (82. Olsson) – Berg (90.+1 Kiese Thelin), Toivonen. Schweiz: Sommer – Lang, Djourou, Akanji, Rodriguez – Behrami, Xhaka – Shaqiri, Dzemaili (73. Seferovic), Zuber (73. Embolo) – Drmic. Tor: 1:0 Forsberg (66.). Zuschauer: 64.042. Schiedsrichter: Skomina (Slowenien). Rot: Lang wegen Notbremse (90.+4). Gelb: Lustig (2) – Behrami (2), Xhaka. Statistik: Torschüsse: 12:18; Ecken: 3:11; Ballbesitz: 37:63 Prozent; Zweikämpfe: 77:70.