Eastbourne.

    Die Stimme stockte, feucht wurden die Augen, aber wer wollte Mischa Zverev das verdenken? Er hatte ja nie die Chance gehabt, eine Dankesrede nach einem Turniersieg unter realen Bedingungen zu proben. Deshalb nahm der Hamburger Tennisprofi seine kurze Unpässlichkeit mit einem Lächeln und scherzte, nachdem er sich bei seiner auf der Tribüne sitzenden Ehefrau Jewgenia bedankt hatte, dass er nun ungefähr wisse, wie sich Roger Federer nach seinem 20. Grand-Slam-Triumph gefühlt haben muss.

    Die Sympathien des britischen Publikums hatte der 30-Jährige, der beim Rasenturnier in Eastbourne seinen ersten Titel auf der Herrentour holte, allerdings nicht erst dank seiner Rhetorikkünste gewonnen. Das 6:4, 6:4 nach 97 Finalminuten gegen den Slowaken Lukas Lacko (30/Nummer 94 der Weltrangliste) war der Abschluss einer Woche, in der der Ältere der Zverev-Brüder unterstrich, warum sein Serve-and-Volley-Spiel auf Rasen besonders gut funktioniert. „Als ich die Auslosung sah und merkte, dass ich der einzige Serve-and-Volley-Spezialist im Feld war, wusste ich: Das ist meine Chance“, sagte der 67. der Weltrangliste, der von diesem Montag an wieder als 41. geführt werden wird.

    Mit dem Erfolg bei der Generalprobe für Wimbledon steigt der in Moskau geborene Routinier zwar nicht zum Mitfavoriten auf, sein Erstrundenmatch gegen den Franzosen Pierre-Hugues Herbert (27/Nr. 75) dürfte am Dienstag aber ein paar Menschen mehr interessieren als üblich. Schon 2017 sorgte Mischa Zverev an der Church Road für Aufsehen, auch wenn er sein Drittrundenmatch gegen den späteren Champion Roger Federer mit 6:7, 4:6, 4:6 verlor. Nun freut er sich auf die Rückkehr: „Der erste Titel gibt mir viel Rückenwind für Wimbledon.“