KAsan. Temporäre Geistesblitze reichen nicht mehr, damit der Weltstar den Unterschied macht

    Jeder soll in einer fremden russischen Stadt ja schnell seinen Lieblingsplatz finden. Europäische Touristen verlieben sich in Kasan meist in den Kreml. Südamerikanische Fans finden die Cuba Libre Bar auf der Baumann Straße anziehend. Und Lionel Messi? Der argentinische Weltstar fand seinen bevorzugten Aufenthaltsort in der Kasan-Arena. Nicht weit weg vom Anstoßkreis. Zwei, drei Meter nach vorne versetzt. Zweite Rasenbahn rechts von der Mittellinie. Hier hatte sich der 31-Jährige die meiste Zeit während des Achtelfinals gegen Frankreichs (3:4) versteckt, das trotz zweier Torvorbereitungen – eher zufällig für Gabriel Mercado (48.), sehr gekonnt für Sergio Agüero (90. +3) – weitgehend an ihm vorbeigelaufen war.

    Und so trottete der entzauberte Superstar nach Schlusspfiff instinktsicher an genau jenen Fleck, den hinterher auch die „Heat Map“ – ein Tool, das die bevorzugten Aufenthaltsorte eines Spielers darstellt – für Argentiniens Nummer zehn ausspuckte. Der irdische Trauerkloß Messi hatte die Hände in die Hüften gerammt. Den Kopf leicht gesenkt. Die Zeit verrann, dann kamen die Sieger vorbei: sein legitimer Nachfolger Kylian Mbappé, Paul Pogba und auch Trainer Didier Deschamps. Der Mann mit dem Bart, den sie früher „La Pulga“, den Floh, nannten, empfing die Audienz im Zustand der Apathie.

    Zu tief krabbelte die Enttäuschung in ihm hoch. Niemand kann sich vorstellen, dass der 128-fache Nationalspieler (65 Tore), der schon jetzt seine Soli, seine Antritte sehr sorgsam dosiert, mit 35 Jahren noch einmal die Kraft aufbringt, eine WM 2022 in Katar zu spielen. Auf Knopfdruck konnte er schon gegen die taktisch exzellenten Franzosen nicht mehr den Unterschied ausmachen. Der Genius kam auf gerade 67 Ballkontakte, spielte nur 39 Pässe, lief lediglich 7,67 Kilometer (Teamdurchschnitt 9,18).

    Verheerender: Die meiste Zeit bewegte er sich im Bereich von null bis sieben Stundenkilometern. Das Tempo eines Spaziergängers auf dem nahe gelegenen Lenindamm. An der Defensivarbeit beteiligte er sich oft gar nicht. Mitunter trabten Gegenspieler unbehelligt nur wenige Meter an ihm vorbei. Temporäre Geistesblitze reichten nicht mehr, um den Unterschied auszumachen.